8. Von den armen Seelen

5. Schatzhütende Seelen und ihre Erlösung

*153. Auf der Ruine Schallenberg nahe der Mühl erschien früher der Geist der Schloßfrau und schritt immer der Stelle zu, wo sie ihr Geld vergraben hatte. Sie kam mit einem Korb voll Geldstücke zurück und reichte einem abgehärmten Mann eines davon.

*154. Beim Dorfe Höring, Pfarre Auerbach, stand einst die Ruine Frauenstein über dem Frauengraben. Nachts breitete dort eine Jungfrau auf einem weißen Tuch ungeheure Schätze aus. Kam aber jemand hinzu, so wichen die Schätze mit der Jungfrau zurück und verschwanden mit ihr.

155. Auf der Hausruckhöhe über Grömming bei Altenhof ist der Waldboden gerötet, man trifft Ziegelreste. Daher führt dieser Waldgrund den Namen Ziegelroith. Hier soll einst das Schloß Grömming gestanden sein. Geht ein Neusonntagskind um Mitternacht über Ziegelroith, so sieht es eine verschleierte, schwarze Frau, die auf einer Kiste mit Schätzen sitzt und bitterlich weint. Ein armer Bergmann von Roßwald sah sie und fragte sie nach ihrem Leid. Sie sagte, weil er so gut zu ihr sei, dürfe er sie um eine Gabe bitten, denn sie sei ungeheuer reich, sei aber durch ihren Reichtum unglücklich geworden. Der Mann war bescheiden und bat um 2 fl. Da gab ihm die Frau eine schallende Ohrfeige und schrie ihn an: „Dummkopf, hättest du mehr begehrt, so wäre uns beiden geholfen gewesen.“

Als sich der Mann von seinem Schrecken erholt hatte, war die Frau mit der Kiste verschwunden.

*156. Einem Taglöhner begegnete auf seinem Heimweg abends eine schöne Frau, die über den Boden schwebte und bei einem Felsen verschwand. Als sie sich auch am 2. und 3. Tage zeigte, sprach er sie an und sie sagte, er könne sie erlösen und sein Glück machen, wenn er ihr folge und einen Wunsch erfülle. Sie führte ihn zu einer Felsentreppe, die in die Tiefe des Berges führte. Bei jeder Stufe ermunterte sie ihn, standhaft zu bleiben, er müsse einen jähen Schreck ertragen. Bei der 2. Stufe lief er aber in Todesangst davon. Am nächsten Tag erschien ihm die Frau wieder, sie war aber ganz schwarz. Als sie verschwand, hörte er klagen und weinen.

157. Auf der Burg Allenstein bei Reichersberg ist eine Jungfrau in eine Schlange verwunschen. In der Mettennacht erscheint sie mit einem goldenen Krönlein auf dem Kopf und einem goldenen Schlüssel im Maul. Wer während der Mette ein weißes Tuch im Burggraben aufbreitet, dem legt die Schlange Schlüssel und Krone darauf und sie erhält ihre Gestalt wieder. Der Mutige erblickt eine Kellertür, kann sie mit dem Schlüssel aufsperren und findet im Kellergewölbe große Schätze.

158. Ein Überführer fuhr mit seiner Zille von Reichersberg zum Allenstein hinab. Dort erschien ihm eine verwunschene Jungfrau und bat ihn, um Mitternacht zu kommen, sie werde ihm als Schlange mit einem Schlüssel im Maul erscheinen, den müsse er nehmen, wenn sich auch die Schlange schrecklich gebärde. Der Mann versuchte die Erlösung, als aber die Schlange erschien, fuhr er voll Angst und Schrecken wieder davon.

159. Einem Hüterbuben in Kronast erschien mittags am Heimweg mehrmals eine weiße Frau und bat ihn um Erlösung. Sie werde als Schlange erscheinen und im Maul einen Schlüssel haben, den solle er nehmen, eine Tür in der Burg Kronast aufsperren, dann sei sie erlöst. Weder der Hüterbub noch sonst jemand wagte die Erlösung.

160. Am Grindelsberg bei Aspach stand einst ein mächtiges Schloß, das völlig zerfallen ist. Ein Schulmädchen kam vorbei und sah am Wege auf einer Kiste voll Gold eine schöne Frau sitzen. Diese sagte zu ihr: „Die Schätze gehören dir, wenn du mich erlöst. Morgen erscheine ich dir an derselben Stelle als Schlange, die einen Schlüssel im Maul hält. Ihn mußt du an dich reißen.“ Am anderen Morgen sah das Kind wirklich die Schlange auf der Kiste, es verlor den Mut und floh. Die Frau blieb unerlöst, der Schatz verschwand wieder.

161. Es heißt auch, die verwunschene Jungfrau am Grindelsberg wird dadurch erlöst, daß jemand den dort verborgenen Schatz hebt, er darf aber dabei kein Wort reden. Drei Burschen, von denen aber einer blaue Strümpfe hatte, machten sich einmal ans Schatzheben. Wie aber der Teufel erschien und rief, der mit den blauen Strümpfen gehöre ihm, konnte der Blaustrümpfler einen Aufschrei nicht unterdrücken; sogleich verschwanden Schatztruhe und Teufel, die Jungfrau mußte aber wieder 100 Jahre auf Erlösung warten.

*162. Im Schlederbach bei Kremsmünster ist ein Schloß versunken. Am Bach sah einmal ein Taglöhner eine Frau schledern und sprach sie an. Er erfuhr, daß sie verwunschen sei und er sie erlösen könne. „Nimm einen langen Stock, stütze die geballten Hände und das Kinn darauf. Eine Schlange mit einem Schlüssel im Maul wird sich am Stock emporringeln. Den Schlüssel mußt du mit den Lippen fassen, es wird dir kein Leid geschehen, vielmehr wirst du dein Glück machen.“ Der Taglöhner versuchte das Werk, entfloh aber vor der Schlange voll Schrecken. Hinter sich hörte er Weinen und Schluchzen.

163. Über dem Weingraben, einem Seitental der Gusen, befindet sich der Weiler Hehenstein, in der Nähe steht am Waldrand eine kleine Kirche. Hier geht das verwunschene Burgfräulein der verschollenen Burg, die sich einmal hier befand, um. Eines Abends erschien sie einem vorübergehenden Handwerker und sagte ihm, er könne sie erlösen. „Um Mitternacht mußt du kommen und beim Schlüsselloch hineinblasen, dann öffnet sich die Türe. An jeder Seite des Altares steht ein Hund. Sie werden dir Feuer entgegenspeien. Lasse dich aber nicht beirren, sondern gehe hinter den Altar. Dort sitze ich als Schlange mit einem Schlüssel im Maul auf einer Truhe. Entreiße mir den Schlüssel und sperre die Truhe auf. Die Schätze darinnen sind dein, ich aber bin erlöst.“ Der Handwerker kam um Mitternacht und als er beim Schlag der zwölften Stunde ins Schlüsselloch blies, ging die Tür klirrend auf. Er trat in die Kirche, als ihm aber die Hunde Feuer entgegenspien, sank ihm der Mut und er floh aus der Kirche. Weinend erschien ihm die Jungfrau: „Nun muß ich wieder warten bis an der Stelle dieser Linde eine neue Linde wächst. Aus ihrem Holz wird eine Wiege gemacht. Das Kind, das darinnen liegen wird, kann mich erlösen.

164. Auf Wildenstein geht das Burgfräulein um. Sie erschien einem Holzknecht und bat um Erlösung: „Komm am nächsten Freitag in die Ruine, ziehe aus Farnkräutern einen Kreis und stelle dich mit einem geweihten Palmzweig hinein. Um Mitternacht wird sich ein arger Sturm erheben und ich erscheine in furchtbarer Gestalt mit neun Drachenköpfen. Fürchte dich nicht, denn im Kreis kann dir nichts geschehen und schlage mit dem Palmzweig unter die Köpfe, bis nur einer übrigbleibt. Dann erhalte ich meine Gestalt wieder und kann in die Seligkeit eingehen. Große Schätze sind dein eigen. Der Holzknecht sagte zu. Nachdem er am nächsten Tage eine Messe gehört hatte, machte er sich ans Werk und stellte sich gegen Mitternacht in den Kreis. Als aber der furchtbare Drache daherkam, wurde der Mann ohnmächtig. Das Schloßfräulein muß nun wieder 100 Jahre warten.

Nach einer anderen Erzählung erschien das Schloßfräulein als altes Weiblein einem beherzten Mann. Sie sagte ihm, er solle zuerst beichten und dann auf die Burg kommen, um Mitternacht werde sie ihm als Schlange erscheinen, er müsse ihr einen goldenen Schlüssel aus dem Maul nehmen. Es werde ihm nichts geschehen. Der Mann beichtete beim Kardinal in Salzburg und ging mit dem festen Vorsatz abends auf die Burg, den Geist zu erlösen. Als aber die Schlange erschien, entfloh er. 

165. Ein Knabe hütete auf dem Ruttenstein. Während des Sonntagsamtes erschien ihm eine weiße Frau: „Morgen sind es hundert Jahre, daß ich verzaubert bin. Ich komme als schwarzer Hund mit einem Schlüsselbund im Maul. Wenn du mir den nimmst, bin ich erlöst.“ Am nächsten Morgen wartete der Knabe unter Gebet auf den Hund. Als dieser erschien, war er aber so fürchterlich, daß der Knabe sich nicht getraute, nach dem Schlüsselbund zu greifen. Die weiße Frau muß nun wieder 100 Jahre warten.

Einem andern Hirten erschien die Jungfrau in Gestalt eines Löwen, aber auch er konnte den Anblick des Ungetüms nicht ertragen.

*166. Einem armen Schuljungen, der Schafe auf einem Hügel bei Mairling hütete, erschien dreimal eine wunderschöne Jungfrau und fragte, ob er sich fürchtete; er sagte „nein“. Beim drittenmal sagte sie ihm, er könne sie durch seine Furchtlosigkeit erlösen. Der Knabe versprach ihr, sie zu erlösen. Am Abend stieg ein furchtbares Wetter auf, der Drache erschien. Der Knabe blieb mit dem Aufgebot aller Kräfte standhaft und wollte schon nach dem Schlüssel greifen, da stürzte er ohnmächtig zusammen, das Werk war vereitelt.

167. Zwei Burschen kamen bei Königswiesen tief in den Wald hinein und sahen auf einem steilen Felsen eine Jungfrau mit silberweißem Haar sitzen. Der eine Bursche spottete: „ Das ist eine alte Jungfer.“ Die Erscheinung erwiderte: „Ja, das bin ich, ich habe den Wald schon dreimal wachsen und wieder abholzen gesehen. Ihr könnt mich erlösen, wenn ihr morgen um dieselbe Zeit kommt. Ich werde als feurige Schlange mit einem glühenden Schlüssel im Maul erscheinen und zugleich wird ein furchtbares Gewitter losbrechen. Ihr aber dürft euch nicht schrecken lassen, sondern müßt mir den Schlüssel entreißen. Traut ihr euch nicht, so muß ich wieder warten, bis aus diesem Pflänzlein hier ein großer Baum wird, der die Bretter zu einer Wiege gibt. In ihr wird ein Kind liegen, das mich erlösen kann.“ Am nächsten Morgen waren die beiden Burschen zur Stelle und sahen die Schlange. Schon wollten sie ihr den Schlüssel aus dem Mund reißen, da brach ein so furchtbarer Sturm los, daß die beiden voll Schrecken davon liefen. Hinter ihnen aber ertönte das bittere Weinen der Jungfrau.

168. Im alten Pulverturm am Dechantgarten in Freistadt liegt ein Schatz, den eine arme Seele bewachen muß. Eine alte, fromme Frau wußte, wie er zu heben war: drei Nächte stand sie beim Tisch und betete bei einer geweihten Kerze bestimmte Formeln und Gebete. In der dritten Nacht erschien ihr eine graue Gestalt und winkte ihr. Sie folgte in den Pulverturm, die verschlossenen Türen sprangen von selbst auf. In einem unterirdischen Gewölbe kam sie zu einer eisernen Kiste, auf der ein schwarzes Wildschwein lag und einen Schlüssel im Maul hielt. Vor Schreck entfloh die Frau und kam so erschöpft heim, daß sie lange Zeit krank lag.

*169. Das verwunschene Burgfräulein von Lobenstein erschien einem Bauernmädchen und verlangte, sie solle um Mitternacht in die Ruine kommen, sie selbst werde in schrecklicher Gestalt auf einer Kiste sitzen. Das Mädchen solle aber furchtlos den Deckel heben und einen Rosenkranz hineinwerfen. Das Mädchen wagte zwar den Weg, als aber auf der Kiste ein gespensterhafter Hund saß, lief sie davon.

170. Auf den Trümmern von Wartenfels zeigt sich ab und zu – oder wie es heißt, einmal im Jahre – die weiße Frau. Einst winkte sie zwei Schulkinder heran. Diese kamen hinzu und sahen etwas wie glühende Kohlen glänzen. Plötzlich aber bekamen sie Angst und flohen. Ein andermal hatte sie einen Schlüsselbund und winkte einem Knaben, ihr zu folgen. Als er es nicht tat, verschwand sie weinend. Hätte er die glitzernden Dinger vom Boden aufgehoben, hätte er reines Gold gehabt.

*171. An der Stelle, wo im Sauwald einst ein Schloß versank, pflückte eine arme Frau Beeren und stand plötzlich vor dem Tor des Schlosses. Sie ging hinein und sah in einem Gemach eine schwarze Jungfrau und drei Kisten, auf denen drei schwarze Hunde lagen. Die Jungfrau befahl ihr, aus jeder Kiste drei Reistl Har zu nehmen und zu St. Roman auf den Hochaltar zu legen. Vor Schrecken aber wagte es die Frau nicht, da erhielt sie eine Ohrfeige und alles war verschwunden.

172. Auf dem Guggelberg in Gmunden stand einst die trutzige Wunderburg. Der letzte Burgherr war ein arger Geizhals, der ungeheure Schätze aufhäufte, aber niemand etwas vergönnte. Nach seinem Tode konnte man seine Schätze nicht finden, sie waren in einem Gang vergraben, den ein mächtiger Stein verschloß. Niemand aber vermochte ihn wegzuheben. Nur in der Sonnwendnacht, in der Thomasnacht und am 29. Feber eines Schaltjahres öffnet sich der Stein eine halbe Minute vor Mitternacht. Drinnen sitzt ein kleines, altes Manderl mit einem geblumten Schlafrock und einer weißen Schlafmütze auf dem Kopf an einem Tisch und schreibt. Rings herum liegen Geldsäcke und Geldhaufen. Aber niemandem gelang es bisher, den Schatz zu heben, weil das Manderl gar so grimmig dreinschaut. Schon mancher, der es wagen wollte, fand man tags darauf ohnmächtig auf dem Platz liegen.

*173. Ein Ottensheimer Bürger kam an den Trümmern der Burg Kürnberg vorbei und fand einen Eingang zu einem prächtigen Weinkeller. An einem Faß steckte ein Hahn, der Mann kostete und fand den Wein köstlich. Als er in einem Gefäß auch für seine Familie Wein mitnehmen wollte, sperrten drei Greise in altertümlicher schwarzer Kleidung den Weg. Er nahm zum Gebet Zuflucht und bat sie ihn freizulassen. Darauf gewährten sie ihm, für sich und die Seinen Wein zu holen, soviel er wollte. Eine Zeit ging es gut, der Mann fand den Keller immer offen, wenn er kam. Als er aber einmal Freunden von dem Wein kosten ließ, erstaunten diese über die Güte, die Sache kam vor den Rat. Der Mann mußte das Geheimnis ausplauschen und sollte nun zur Probe Wein holen. Er fand zwar den Keller wieder, die drei Männer erschienen ihm, einer schüttete ihm Geldstücke in den Hut, vor Schreck vergingen dem Mann die Sinne. Als er wieder erwachte, lag er zwischen dem Burggemäuer, im Hute hatte er alte Goldmünzen. Der verzauberte Weinkeller war mit seinen Hütern wieder in der Tiefe versunken, keiner hat ihn seither gefunden.

174. Der Wirt von Schlägen an der Donau bekam von Jesuiten in Passau den Auftrag, nachts ein Boot am Ufer unterhalb des Kerschbaumer Schlosses halten zu lassen. Er tat es und 2 riesige Männer schleppten Truhen mit Gold ins Schiff herab. Es waren Schätze, die einst die Raubritter auf der Burg angehäuft hatten und nun, bis gebannt wurden, als Geister hüten mußten.

*175. Eine Magd kam durch die Küche und sah auf dem Herde einen Haufen glühender Kohlen. Hätte sie Brotbrösel darein geworfen, wäre die arme Seele, die darauf saß, erlöst gewesen.

*176. In der Eferdinger Gegend führte eine ledige Bauernstochter ihrem Vater die Wirtschaft. Nach ihrem Tode ging sie um und erschien wiederholt einem Zimmermann, so daß er meinte, er könne sie erlösen. Ein Geistlicher riet ihm aber, er dürfe den Geist unter keinen Umständen anreden. Wenn er wirklich der bestimmte Erlöser sei, werde er ohnedies nicht Ruhe finden, bis die Seele erlöst und der Schatz gehoben sei. Von der Zeit an ließ sich aber die Tote nicht mehr sehen.

177. Ein Mann in Seewalchen hatte durch seine Habgier eine ganze Truhe voll Gold zusammengewuchert. Als er sein Ende nahen fühlte, vergrub er die Truhe mit dem Reichtum und auch den Schlüssel im tiefen Walde, damit niemand das Gold bekäme. Bald darauf starb er. Einige Zeit darauf verirrten sich Leute im Walde und sahen es plötzlich im Gebüsch aufleuchten. Ein Mann stand dort von roten Flammen umzüngelt. Weinend und händeringend rief er ihnen zu: „Mein Gold, das ich armen Leuten herausgepreßt habe, habe ich hier im Walde vergraben und kann nun nicht eher Ruhe finden, als bis Menschen den Schatz gehoben und den Armen geschenkt haben. Nehmt den Schlüssel, den ich schon gesucht habe, aus meiner Hand und helft mir!“ Die Leute aber hielten die Erscheinung für einen Teufelsspuk, bekreuzten sich und liefen davon. Der Geizige mußte wieder hinabsinken in seine Qualen.