6. Altes Recht und abgekommene Bräuche

175. In der Bergebene bei Langwies liegen Glöckler begraben; hier hat eine Glöcklerschlacht stattgefunden.
Am Trenklbach bei Kaiserdorf liegen unter einer Kreuzsäule drei Glöckler begraben. Auch in Kreutern steht ein Kreuzsäule, weil dort ein Glöckler erschlagen wurde, ebenso in Altmünster.

176. Im wilden Moos beim Lackerberg wurden einst die Selbstmörder von Kammer begraben.

*177. Bei der alten Linde beim Wirtshaus in der Steinwänd, nahe dem Reitnergraben im Ramingtal, soll einst Gericht gehalten worden sein.

178. In der Kirche zu Steinbach am Attersee stand ein Tränenstein. Die aus der Kirche Ausgeschlossenen mußten bei ihm stehen, die Tränen ergossen sich in seine Höhlung. Heute ist der Stein im alten Schulgebäude eingemauert.

179. Am Wege von Aschach nach Haibach liegt der Bäckerstein, nach dessen Vertiefung einst das Brot gemessen wurde. War das Brot zu klein wurde der Bäcker getümpfelt.
Auf dem Stein soll ein Mann zu Tode gekitzelt worden sein, seinen Angstschweiß verwendete man zur Giftbereitung, deshalb heißt es: „Am Bäckerstein klebt Blut.“

180. Über dem Auboden bei Steinbach am Attersee liegt der Schernglsein. Über ihn wurde die Grenze zwischen Bayern und Österreich gezogen. Die Neubayern waren recht unzufrieden und scherngelten nach Österreich herüber. Auf dem Schernglstein sollen sich die Grenzbewohner gegenseitig ihr Leid geklagt haben.

181. Die Kapelle in Prägarten wurde von den Hussiten zerstört. Beim Wiederaufbau soll an der Epistelseite ein Kind eingemauert worden sein.

182. Das fromme Schloßfräulein auf Tratteneck bei Grieskirchen wies jeden Freier ab. Der Vater wollte sie aber zur Heirat zwingen. Als sie einmal wieder einen, von ihm recht begünstigten Freier abwies, ließ er sie lebendig einmauern. Eine kleine Öffnung wurde gelassen, denn es war ihre letzte Bitte, das Ave-Läuten zu hören. Bald darauf hielt es der harte Vater im Schloß nicht mehr aus, er verließ es und bald sank es in Trümmer.

*183. Ein Graf von Wolfsegg hatte eine einzige Tochter. Als sie von ihrer Liebe zu einem Gärtner nicht lassen wollte, ließ sie der grausame Vater heimlich lebendig einmauern. Öffentlich erklärte er, sie sei plötzlich gestorben und ließ einen mit Steinen gefüllten Sarg in der Gruft beisetzen. Bei einem Mauerbruch im Schloß soll ein kleiner, viereckiger Raum mit einem Totengerippe entdeckt worden sein.

184. Ein armer Sünder wurde auf das Hochgericht zu Marsbach hinausgeführt und sollte gehängt werden. Ein Hochzeitszug begegnete ihnen, da rief der Verurteilte: „Maria, erlöse mich!“ Da erschrak die Braut überaus, denn der Verurteilte war des Nachbars Sohn, ihr einstiger Schatz, der einen Mittänzer aus Eifersucht erschlagen hatte. Sie trat zu dem Verurteilten und schlang ihren Schleier um sich und seinen Arm. Da mußte ihn der Henker freigeben. Die beiden zogen in die Fremde, nie mehr ward von ihnen etwas gehört.

*185. Ein Jäger von Falkenstein wurde fälschlich verdächtigt, sich der Gunst der Burgherrin zu erfreuen; er wurde zum Tode verurteilt und zur Richtstätte geführt. Ein Mädchen aber, das ihn von Kind an geliebt hatte, erbat sich ihn zur Ehe und so wurde er begnadigt.

186. Bei der Kreuzsäule am Wege von Schönau nach Ruttenstein wurden Femgerichte gehalten. Die in die Säule gemeißelten Abzeichen sollen Femkapuzen darstellen.

187. Ebenso wurde in Grieskirchen in dem Haus Nr. 17, das sich hinter der neuen Sparkasse befindet, in alter Zeit Femgericht abgehalten.

188. Im Sauwald, der nach den Wildschweinen, die hier hausten, den Namen hat, wurden früher auch Hirsche gehalten. En Zaun umgab das ganze Wildgehege; der Bauer, der außerhalb dieses Gatters seinen Hof hatte, hieß der Gatterer oder Goderer. Der Hausname besteht heute noch.

189. Südöstlich von Rüstorf liegt die Ortschaft Hart auf einem nach drei Seiten abfallenden Hügel. Die vierte Seite heißt der Hirschzaun; hier sollen durch einen Zaun die Hirsche des Stiftes Lambach von den Feldern abgehalten worden sein.

190. Die Kuchler, die Herren der Burg Hochkuchl, behielten sich bei Erbauung der Kirche von Lohnsburg das Recht vor, daß beim sonntägigen Gottesdienst nicht eher zusammengeläutet werden durfte, bis nicht der Graf von Hochkuchl erschien. Er kam aber ohnedies immer zur rechten Zeit.

191. Auch die Familie von Zeißering hatte das Vorrecht, dass nicht früher zum Gottesdienst geläutet werden durfte, als bis sie in der Kirche waren.

*192. Vor vielen Jahrhunderten lebte der Lehnelbauer in der Waldpoint bei Zell am Pettenfürst. Durch Fleiß und Glück brachte er es empor und wurde reich, blieb aber dabei gastfreundlich und demütig. Er ließ die Pfarrkirche in Ungenach ausschmücken, da Zell damals noch keine Kirche hatte. Sein Ansehen stieg so, dass an Sonn- und Feiertagen nicht früher zusammengeläutet wurde, als bis er in der Kirche war. Manchmal mußte man auf ihn warten, man tat es aber gerne, weil man ihm viele Wohltaten verdankte.

*193. In Henhart bildeten einst drei Bauernhäuser die Ortschaft Spießmaiern. Weil die Leute am weitesten von der ganzen Pfarre zur Kirche hatten, wurde mit dem Gottesdienst auf sei gewartet.

194. Als St. Konrad noch nicht Pfarre, sondern Wallfahrtsort war, stand am heutigen Kreuzbühel eine Kreuzsäule. Dort warteten bei Wallfahrten berittene Geistliche und viel Volk zusammen, um gemeinsam zum „Herrgott in der Wies“ und zum „Heiligen Bründl“ zu ziehen.