4. Von Berggeistern, Waldwesen und allerlei Wichten

5. Bei den Zwergen

41. In einem Berge bei Weitersfelden hausten die Geister. Wer mit ihnen tanzen wollte, mußte um Mitternacht hingehen. Ein Bauer wollte es versuchen und legte sich hinter einen Busch. Ein Geist kam und fragte ihn, was er wolle. „Mit den Geistern tanzen“, gab er zur Antwort. Obwohl der Geist abriet, gab er nicht nach und ließ sich in den Berg führen. Im großen Tanzsaal gefiel es ihm so, daß er erst fortging, als der Geist ihn dazu drängte. Acht Stunden war er im Berg gewesen, 80 Jahre waren auf der Erde verflossen.

42. Hinter Spalmoos am Richtberg führt ein unterirdischer Gang bis zum Untersberg. Den Gang entdeckte einst ein Bursche und kam in eine große Höhle voll Gold und Edelsteinen. Er wurde von einem Untersberger Mandl freundlich aufgenommen und vortrefflich bewirtet. Die Zeit verging rasch und endlich dachte der Bursche wieder an den Heimweg. Als er aber heimkam, da waren er und seine Bekannten und Verwandten um Jahre älter geworden.

*43. Ein Bauer aus Obernberg war in arger Not und wußte nicht, wo aus noch ein. Er kam einmal durch eine Schlucht, da hörte er aus einem Gebüsch Stimmen und ging dem Geräusch nach. Auf einem grünen Platze sprangen viele winzige Gestalten herum, in ihrer Mitte saß auf einem Wagen, an dem kleine Ziegenböcke gespannt waren, der Zwergenkönig. Der Bauer lauschte eine Weile dem bunten Treiben, wurde aber von einem Zwerg entdeckt und unter Geschrei zum König gebracht, dem er seine Not klagte. In den Berg mitgenommen, lebte er fröhlich zwei Tage mit den Zwergen. Beim Abschied gab ihm der König einen Sack voll Gold und Silber mit, so daß alle Not ein Ende hatte. In Wirklichkeit war der Bauer eine ganze Woche im Berge gewesen.

*44. Einem Innviertler Fuhrmann führten die Untersberger Zwerge zu sich in den Berg, sie bewirteten ihn freundlich und gaben ihm beim Abschied einen Sack voll Gold mit. Als er nach Hause kam, war ihm alles unbekannt; er war 100 Jahre im Berg gewesen.

45. Ein Kalkbrenner vom nahen Kalkofen kam zur Trefferwand in der Zimnitz und sah plötzlich eine Kirche vor sich. Auf die Einladung eines Bergmandls trat er ein. Vor dem Hochaltar brannte das ewige Licht, hinter dem Altar glänzte Gold und Silber. Das Mandl erlaubte ihm, sich davon die Säcke zu füllen, der Mann aber kam vor Verwunderung nicht dazu und plötzlich stand er wieder vor der verschlossenen Felswand.

46. Unterhalb einer der Spitzen des Schobersteines zieht eine tiefe Felsspalte durchs Gestein, das Geldloch. Hier sind unerschöpfliche Reichtümer verborgen. In einer Nacht ging ein Ehepaar zum Höhleneingang und klopfte an. Ein Zwerg kam heraus, den baten sie um etwas von den Schätzen des Schobersteines. Der Zwerg sagte: „Nur wenn ihr mir euer Kind gebt.“ In ihrer Not brachten sie es wirklich. Eine unsichtbare Hand nahm es, daß es in der Höhle verschwand, dann flogen die Schätze heraus. Die zu Tode erschrockenen Eltern wollten ihr Kind wieder haben, aber alles Flehen war umsonst. Freudlos lebten die beiden von nun an dahin.