1. Von der wilden Jagd

1. Die wilde Jagd

d) Von der wilden Jagd mitgenommen

56. Wenn das wilde Gjaid durch das Mondseeland und über die Felder und Gehöfte gegen St. Lorenz jagt, schüttelt der Wind in den Häusern Fenster und Türen. Wer der Jagd in den Weg kommt, wird fortgerissen und muß mittollen bis zum jüngsten Tag.

*57. Beim Scherweiher bei Handenberg wurde ein Mann von der wilden Jagd abgesetzt, der kein Wort deutsch konnte und eine ganz fremde Sprache redete, soweit her hatte ihn das Gjoad mitgenommen.

58. In Kirchberg a. d. D. ließ es einen Knecht nie daheim, wenn die wilde Jagd kam. Er wurde immer mitgerissen und ganz ermüdet und verstört kehrte er meist erst am zweiten oder dritten Morgen mit zerkratztem Gesicht und zerrissenen Kleidern zurück.

59. Im Mühlviertel wurde einst ein Mädchen vom Nachtgjoad entführt und kam erst nach 2 Jahren zurück. Auf Befragen brachte man nichts aus ihr heraus und auch später, als sie längst Frau geworden, sagte sie nur: „Ich kann es nicht sagen, es war alles so schrecklich.“

*60. Zur Franzosenzeit ging ein Bursche nachts durchs Hofhölzl bei Pischelsdorf, um den feindlichen Soldaten auszuweichen. Die wilde Jagd kam daher, er starrte entsetzt zu ihr empor und wurde mitgenommen, erst in Henhart kam er wieder auf den Boden, war aber unverletzt.

61. Vom Wildenstein zog das wilde Gjoad unter furchtbarem Lärm nahe dem Boden durch die Luft dem Traunstein zu. Jagdhörner mischten sich unter Unkengeheul. Einmal stellte sich ein Tanzgeiger aus Goisern dem Gjoad entgegen, es nahm ihn aber mit, schleifte ihn über den See und setzte ihn beim Morgengrauen am Traunstein ab. Mit Mühe und Not kletterte er an den Felsen nieder, sein Haar war in der furchtbaren Nacht ergraut, niemand sah ihn mehr lachen.

Um die wilde Jagd zu bannen, baute man am rechten Traunufer eine Kapelle, „Heiliges Kreuz“ genannt, und am Kreuzplatz zu Bad Ischl die Lindenkapelle.

*62. Ein Mann in der Gegend von Braunau verlachte alle Vorsicht gegen das wilde Gjoad und als er es einst im dichten Wald bei Siegertshaft herannahen hörte, warf er sich nicht zu Boden, sondern blieb verwegen stehen. Die Jagd war schon ziemlich nahe, da sprang ein Geißbock herbei und rief: „Sitz auf und halt dich beim Stutzen!“ Er zeigte keine Lust dazu, doch der Bock rannte ihm zwischen die Beine und unfreiwillig mußte er über Stock und Stein mit. Mit zerfetzten Kleidern blieb er am Morgen in der Nähe von Vorau bei Michaelbaiern liegen.

63. Als einmal das wilde Gjaid von Kemating gegen Rutzenmoos dahinbrauste, war der „Moser im Knäul“, ein Häusler, spät abends noch im Freien. Heulend zog die ganze Meute an ihm vorbei. Plötzlich stand vor ihm ein prächtig gezäumter Rappe und ließ ihn nicht weiter. Moser ergriff die Zügel und schwang sich mit den Worten in den Sattel: „Es geht dahin in Gottes Namen!“ Im selben Augenblick aber lag er auf einem Maulwurfshügel, das Roß war verschwunden.