8. Von den armen Seelen

2. Friedhofsspuk

23. Im Friedhof von Atzbach geistert es nachts. Die Toten drehen sich im Grabe um, daß man das Krachen der Sargbretter hören kann. Dort soll auch ein unbekannter Heiliger liegen, sein Grabhügel wächst von Jahr zu Jahr. Man wollte die Gebeine enterdigen, hätte sie aber nur mit silbernen Werkzeugen anpacken dürfen, dazu hatte man nicht die Mittel.

24. In der alten Sakristei in Kremsmünster sah man oft mitternachts Lichter und deutete dies so, daß in der Nähe Gebeine liegen müßten. Wirklich wurden im Konventpark Totenknochen ausgegraben und der geweihten Erde übergeben. Seither hörte der Spuk auf.

25. Stefan Fadinger, der Bauernführer, liegt im wilden Moos bei Eferding verscharrt. Nachts zeigen feurige Flämmlein die Stelle an, bis ein Sonntagskind sie findet und Fadinger eine ehrliche Ruhestätte verschafft.

26. Oberhalb Altmannsdorf befindet sich vor dem Kaltenbrunn eine halbkugelförmige Vertiefung, hier liegt der Räuber Rankas begraben, dem kein geweihter Friedhof gewährt wurde. Vorübergehende sahen nachts zwei Augen glühen.

*27. Eine Näherin mußte einmal spät abends am Pestfriedhof von Haigermoos vorbei, da sah sie Schafe und dann wieder Katzen, die alle rasch verschwanden.

*28. In einem Gehölz bei Wildenau liegen Pesttote und Kriegsgefallene. Als einmal eine Frau vorüberkam, ging im Holz ein solcher Sturm, daß sich die Bäume bogen, außen war aber alles still.

*29. Eine Bäuerin ließ ihren Kindern alles angehen. Eines starb und als die Mutter am Tage nach dem Begräbnis den Gottesacker besuchte, sah sie zu ihrem Schrecken eine Hand aus dem Grabhügel emporragen und lief in größter Angst heim. Eine Nachbarin tadelte sie wegen ihrer Schwäche den Kindern gegenüber und riet ihr, die Hand solange zu züchtigen, bis sie wieder verschwinde. Der Rat half. Die Bäuerin erzog nun ihre übrigen Kinder strenger.

30. Seit beim Gotteshaus in Neukirchen i. d. Viechtau ein Selbstmörder verscharrt war, ging es dort um. Da kam der Soldatenpeter, der für einen anderen, wie es damals möglich war, den Soldatendienst geleistet hatte, heim. Um dem Spuk ein Ende zu setzen, grub er die Leiche aus und führte sie auf einem Radlbock zum Aurachgatterl. Beim Bergauffahren rutschten aber die Füße des Toten öfters vom Radlbock herunter und gerieten zwischen die Beine Peters. Beim nächsten Bauernhause lieh er sich eine Hacke aus und schlug dem Toten die Füße ab. Nun ging es aber noch schwerer, er kam kaum vorwärts. Zornig rief er: „Teufel, wenn er dein ghört, schiab du ån.“ Nun lief der Radlbock so leicht und schnell den Berg hinauf, daß der Peter kaum mithalten konnte. Bei der Aurachklause vergrub er dann die Leiche unter dem Spielberg.

31. Ein geiziger Bauer wurde im Friedhof zu Königswiesen, der sich damals noch um die Kirche befand, begraben. Tags darauf sah der Mesner beim Morgenläuten auf dem neuen Grabe einen Mann sitzen, der an einem Rock herumtrennte. Als sich dies mehrmals wiederholte, nahm er das nächste Mal auf den Rat des Pfarrers einen langen Haken mit, zog damit den Rock zu sich und ging eilig rückwärts zur Kirche, die er hinter sich abschloß. Schon schrie draußen der Mann: „Heraus sehe ich Tritte, aber hinein nicht!“ Er rüttelte vergebens an den Fenstergittern und verschwand dann. Im Rock fand sich eingenähtes Geld. Davon wurde eine Seelenmesse gelesen und um den Rest ein Schwein gekauft und gefüttert. Als das Geld dadurch aufgebraucht war, trieb der Mesner, wie es der Pfarrer wollte, das Schwein hinaus. Sofort erhob sich ein Gewitter, es tat einen argen Knall und das Schwein sprang in Stücke. Mit einem Schlag hörte das Unwetter auf.

32. Ein Bursch ging nachts beim Beinhaus vorbei und sah dort einen liegen, den er für einen schwer Rauschigen hielt. Im Übermut nahm er ihm seinen Hut ab, vertauschte ihn mit seinem und ging davon. Als er aber den fremden Hut abnehmen wollte, ging es nicht. Er lief zum Pfarrer, der sagte ihm, er solle übers Jahr genau um dieselbe Zeit wieder auf den Friedhof gehen, zuvor aber beichten und abspeisen. Das ganze Jahr saß der Hut fest; am Jahrestag ging der Bursch um dieselbe Stunde zum Beinhaus, richtig lag der fremde Knecht dort. Der Bursch redete ihn an: „Du, tan ma wieda Huat tauschn“, und nun brachte er den Hut herunter. Der Fremde aber rührte sich und sagte wild: „Wån i net dei Großvåda war, aft zriß i di iazt af tausend Fetzn! Åba dös låß da für dei Löbn gsågt sein: Låß dö Totn in Ruah!“

*33. Ein lockerer Geselle ging nachts durch den Friedhof ins Wirtshaus und erzählte seinen Kameraden, daß an einem Grab ein altes Weiblein gehockt sei. Die Freunde neckten ihn und forderten ihn heraus, bis er auf den Friedhof hinausging, der Alten das Kopftuch abnahm und in die Stube brachte. Die Kameraden beredeten ihn das Kopftuch wieder zurückzubringen; obwohl ihn ein Grauen befiel, tat er es aber doch. Als er neben dem Weiblein stand, verschwand es, er aber war an den Boden festgewachsen. Weil er nicht zurückkam, sahen seine Zechgesellen nach und suchten vergeblich, ihn loszubekommen. Auch die Segensgebete eines Geistlichen halfen nicht. Als es zwölf Uhr schlug, spaltete sich der Boden und verschlang den Burschen. Im selben Augenblick sah man das Weiblein mit dem Kopftuch wieder am Grab knien.

34. Ein Bursche ging mit seinen Kameraden am Friedhof vorbei, deutete auf ein Grab und sagte: „Mit der dort gehe ich morgen auf den Tanz!“ Er dachte nichts weiter dabei und die Burschen lachten. Am nächsten Tag fand der Bursch beim Tanz eine Tänzerin, die ihm sehr gefiel und tanzte mit ihr bis Mitternacht, dann begleitete er sie heim. Wie sie zum Friedhof kamen, trat die Frau ein, wies auf die verwunderte Frage des Burschen auf das Grab, das der Bursche am Vortag bezeichnet hatte, und sprach: „Dieses Grab ist meine Heimat!“ Der Bursche wußte nun, wer seine Tänzerin war und wollte fliehen. Sie hielt ihn fest und hätte ihn zerrissen, wenn er ihr nicht einen Rosenkranz vorgehalten hätte. So konnte ihm die Tote nicht an.

35. Ein Knabe in Königswiesen lief oft auch in der Nacht noch herum, kam in den Friedhof und sah da einen schwarzen Hund herumlaufen. Jetzt rannte er doch nach Hause. Am Morgen aber war er tot und so schwarz wie der Hund, den er gesehen hatte.

*36. Ein Zimmermeister in Schwand wollte an keine Geister glauben. Wie er aber einmal in der Nacht am Friedhof vorbei mußte, saß ein unheimliches Ungetüm auf der Friedhofmauer und gab schreckliche Töne von sich, der Mann floh und sagte nie wieder, daß er nicht an Geister glaubte.

37. Einen Mann in Haslach zogen sie im Wirtshaus auf, weil er sich nicht getraute, in der Nacht auf den Friedhof hinauszugehen. Er lästerte und schimpfte und ging zum Friedhof. Beim Eingangsgitter verfing er sich aber in seinem Hubertusmantel und fiel tot nieder.

38. Der Rotlecken ist ein abgelegener Hohlweg bei Gmunden, wo einst die Hingerichteten vom Henker verscharrt wurden. Der Schneider in der Gigerled hatte sich einmal bis Mitternacht in Gmunden verspätet und wurde gehänselt, daß er sich um diese Zeit nicht mehr über den Rotlecken heimtraue. Nun ging er aber erst recht und sagte: „Die Gehenkten sollen mir hinausleuchten!“ Als er zum Hohlweg kam, war dieser hell erleuchtet. Voll Grauen und Schweiß gebadet kam der Schneider heim und verfiel in eine lange Krankheit.

39. Auf dem Ruttenstein lebte im Dreißigjährigen Krieg eine stolze Burgfrau, die die reichsten Freier abwies. Um sie gerieten drei schwedische Hauptleute in Zank und trugen ihren Streit an der Kreuzung der Fahrstraße Schönau – Mönchdorf und Pierbach – Weißenbach mit Waffen aus. Als der Lärm die Bauern herbeilockte, fanden sie nur mehr Tote und begruben sie an Ort und Stelle. Von einer Leiche fand sich kein Kopf und sie wurde so bestattet. An der Stelle wurde ein Kreuzstöckl und drei Nischen errichtet. In einer von ihnen hielt kein Heiligenbild. An dem Ort ist es nicht geheuer. Auf dem Mettengang kam eine Bäuerin vorbei und sah einen kopflosen Reiter nach seinem Kopf suchen. Totenstarr blieb die Frau stehen, bis die Geisterstunde um und der Spuk zu Ende war. Der Reiter ohne Kopf wurde noch öfter gesehen. So schreckt er die Hirten, wenn sie nicht vor dem Sonntagsgottesdienst heimtreiben. Auch drei Geistergestalten steigen aus der Naarn und wiederholen den Schwedenkampf.

*40. Am Stürzenberge befindet sich eine Wiese, das Zwecker-Böndl genannt. Dort steht am Weg von Dambach nach Mühlbach seit undenklichen Zeiten ein großes Holzkreuz. Dabei sind Tote begraben; die Leute sind sich aber nicht einig, ob es Schweden, Türken oder Franzosen sind. Beim Kreuz ist es nicht geheuer. Gespenster und Hexen treiben ihr Unwesen. Der alte Zwecker, der sein Bauernhaus in der Nähe hatte, wollte die gruseligen Geschichten nicht glauben. Als er aber eines Tages beim Kreuz vorbeiging, hörte er ein so eigenartiges Jammern und Winseln, daß ihm die Haare zu Berge stiegen. Er konnte sich nicht rühren und fing zu beten an, es half aber nichts. Da begann er zu fluchen, das Jammern ließ nach und er konnte sich wieder bewegen. Aber vom Kreuz am Böndl bis zu seinem Haus brauchte er statt ein paar Minuten zwei geschlagene Stunden.

40a. Der Gruber aus Loimbach bei Sipbachzell hatte für den ganzen Ort das Leichenführen. Als er bei einem Begräbnis auf der Straße über den dritten „Schwölln“, wie die Wasserrinnen über die Straße genannt werden, fuhr, gingen die Pferde nicht weiter. Eine Bäuerin hatte das Bettstroh des Verstorbenen auf die Schwölln gelegt und über ein solches Brett will kein Pferd gehen.