2. Von heiligen und unheiligen Personen

5. Von guten Menschen und christlichen Werken

254. Einst reiste der Papst durch den Kobernauserwald und segnete den schönen Forst. Seither geschah in ihm kein Verbrechen mehr.

255. Abt Konrad von Mondsee führte ein heiliges Leben und hielt Zucht und Ordnung im Kloster. Weil er aber dem Kloster die diesem widerrechtlich unter seinem Vorgänger eintrissenen Güter wieder zu gewinnen trachtete, zog er sich die Feindschaft der Fullinger zu, die ihren Sitz nordöstlich vom Mondsee hatten. Sie überfielen und ermordeten ihn zwischen Oberwang und Innerschwandt im Walde, schleppten seinen Leichnam in eine nahe Hütte und zündeten sie an, um ihre Untat zu verbergen; die Hütte brannte nieder, der Leichnam blieb aber von den Flammen unberührt. Die Mönche brachten ihn nach Mondsee und begruben ihn in der Kirche. An der Stelle, wo der Heilige ermordet wurde, entsprang eine Heilquelle, über ihr wurde später eine Kapelle erbaut.

*256. In Vorderstoder bestand schon lange, ehe es eine eigene Pfarre wurde, eine Kirche, in der zu Zeiten Stiftsgeistliche aus Spital Messe lasen. Besonders gerne kam trotz des beschwerlichen Weges der fromme Heinrich Otto Gaßner, der im Ruf der Heiligkeit stand. Einmal hatte er die Schlüssel, die in Spital aufbewahrt wurden, vergessen. Das Volk wartete schon vor der verschlossenen Tür. Weil er nun nicht hinein konnte, kniete er mit den Leuten vor dem Eingang nieder und betete andächtig. Da ging die Tür geheimnisvoll auf, die Mutter Gottes selber hatte sie ihrem getreuen Diener geöffnet.

*257. Ein Mann hatte eine Schuld bezahlt, sie war aber in den Büchern nicht gelöscht und er sollte nochmals zahlen, obgleich ihm die Mittel fehlten. In seiner Not empfahl er sein Anliegen dem seligen Heinrich Otto Gaßner. Wie man nun wieder nachsah, war die Schuld getilgt.

258. Der Stifter der Ägidius-Glocke in der Steyrer Stadtpfarrkirche verreiste und man wußte lange von ihm nichts. Eines Tages kam er zurück. Wie er beim Schnallentor hereinkam, fing die Glocke von selbst zu läuten an.

259. Ein Mädchen in Altschwendt war überaus schön und wurde immer von den Burschen belästigt. Sie ärgerte sich darüber, denn sie war sehr fromm und betete andächtig zu Gott, er möge sie häßlich werden lassen, damit sie Ruhe hätte; ihr Gebet wurde erhört, im Gesicht wuchsen ihr Haare. Sie war darüber glücklich und ging ins Kloster. Die Leute nannten sie „das rauche Wei(b)“.

260. Margarete, die Tochter des Vogtes von Wartenfels, war in der Gegend wegen ihrer Schönheit, aber auch Tugendhaftigkeit bekannt. Sie liebte den Sohn des Pflegers von Wildeneck, der Vater sollte sie aber zur Heirat mit einem reichen, gewalttätigen Ritter der Nachbarschaft zwingen. Deshalb floh sie in die Wälder zu Füßen des Drachensteines. Der Vater und das ganze Jagdgesinde suchten sie und fanden sie im Waldesdickicht beten und weinen. Als sie näher kamen, war sie aber zu Stein geworden. Den Vater ergriff Reue und Schmerz und bald darauf starb er als der letzte seines Stammen.
Auf der Breitseite der Drachenwand sieht man von Mondsee aus die Gestalt der betenden Jungfrau. Der zweite Schobergipfel aber bildet deutlich den Kopf eines Mannes, der zur betenden Jungfrau hinüberblickt.

261. Ein Bauer ackerte bei Naarn, er ließ Pflug und Pferde stehen und ging in die nahe Kirche, um zu beten. Als er zurückkehrte, war inzwischen das ganze Feld umgeackert worden. Er ließ an der Stelle eine Kapelle errichten, die heutige Bäckerkapelle.

262. In Königswiesen lebte ein alter, recht braver Junggeselle. Nacht konnte er nicht schlafen und da betete er einmal, wie er es oft tat, zum Allerheiligsten. Gegen Mitternacht hörte er von der Kirche herüber lieblich singen, er trat vor das Haus und sah zur Kirche. Statt des schwachen Scheines des ewigen Lichtes drang ihm ein helles Leuchten entgegen, es erklang deutlich der Gesang: Heilig, heilig, heilig . . ., fast eine Stunde dauerten die überirdisch schönen Weisen, dann verloren sie sich in der Ferne, während der fromme Mann in Gebet versunken war.

*263. Ein Fleischhauer hatte die fromme Gewohnheit, so oft er an einer Kapelle unserer lieben Frau vorbeiging, zu Maria zu beten „Verlaß mich nicht in meinem letzten End!“ Wie er es wieder einmal tat, rief ihm eine Stimme nach: „Bereite dich, in drei Tagen mußt du sterben!“ Der Fleischhauer befolgte den Wink und hatte über drei Tagen eine gute Sterbestunde.

264. Die alte Holzingerin ging einmal ins Holz, um Wisch zu brocken. Ihr schwerkranker Sohn, den sie mit hatte, rief auf einmal:
„Mutter, dort ist eine weiße Frau! Das ist Maria!“ Kurz darauf stürzte er zusammen und starb.
Die Eltern ließen an der Stelle eine Kapelle erbauen, sie steht in Hiering bei Grieskirchen.

265. In Engelszell, dem alten Wallfahrerkloster an der Donau, war einst ein junger Pförtner, der ein eifriger Marienverehrer war, eines Tages kam ihm die Nachricht zu, seine Mutter liebe im Sterben und wollte ihn noch einmal sehen. In seiner Herzensangst ging er nicht zu seinem Oberen, sondern legte die Kutte ab und entfloh. Er traf seine Mutter noch am Leben und bekam ihren Segen. Nach sieben Tagen kam er nachts scheu und ängstlich zur Klosterpforte zurück. Eine dunkle Gestalt in seiner Kutte öffnete ihm und flüsterte ihm zu: „Fürchte dich nicht, ich habe für dich gewacht.“ Die Gestalt verschwand, die Kutte blieb zurück. Die liebe Frau hatte für ihren treuen Verehrer die Wache gehalten.

*266. Ein altes Mutterl wallfahrtete weither zum Gnadenbild von Alt-Bernstein, fand aber die Kapelle geschlossen, kein Mensch war zum Öffnen in der Nähe. Die alte Frau vermeinte, sie sei nicht würdig, die heilige Stätte zu betreten und weinte bitterlich. Da erschien eine Frau, öffnete ihr die Tür und verschwand. Es war die Mutter Gottes selber.

267. Als in Ebensee noch keine Kirche war, mußten die Leute zum Gottesdienst über den See nach Traunkirchen, denn dahin gab es damals noch keine Straße. Sie errichteten sich in der „Låmba“ einen Kalvarienberg, der bald viel besucht war. Auf der Höhe stand eine Holzkapelle mit der Kreuzigungsgruppe, daneben eine kleine Kapelle mit der „schmerzhaften Mutter“. Besonders gerne betete hier der Katzen- oder Kotzenwolferl. War er dabei allein, so hielt er mit der Mutter Gottes laut andächtige Zwiesprache. Er hauste an einem Anger im Walde nahe der Kohlstatt in einer Klause und beschäftigte sich mit Korbflechten, Besenbinden und Kräutersammeln. Auch soll er Katzen gehalten haben, damit ihm nicht die Mäuse seine harten Brotrinden schmälerten. Er war von untersetzter Gestalt und hatte in seinem Habit, den er trug, ein kotzernes Aussehen.
Das Leutgebhaus zu Ebensee war damals Rast für die Reisenden, die von und nach Gmunden über den See fuhren. Die wohlhabende Wirtin, die „gute Frau Koch“ sorgte wie eine Mutter für ihre Dienstboten und ließ den Armen ihr Häferl Suppe und manch gutes Bröckerl Fleisch zukommen. Auch der Katzenwolferl durfte sich hier sein Essen holen.
Die Frau Koch wurde schwer krank, der Bader schüttelte bedenklich den Kopf. Wolferl betete in der Kapelle für seine Wohltäterin zur schmerzhaften Mutter und ging dann um seine Suppe. In der Küche sage er den bekümmerten Leuten: „Vergelts Gott! Nur nit verzagn, d’Frau wird schon wieder gsund!“ Und so geschah es auch. Dies wiederholte sich mehrmals und immer traf seine Vorhersage ein. Die Leute meinten, er tue es mit Wenden und Sympathiestücken und belauschten ihn in der Kapelle. Sie hörten ihn aber nur beten und die Mutter Gottes anbetteln, sie möge bei ihrem Sohn Fürsprache leisten, „daß er die gnädi Frau Koch gesund wern låßt!“ Als die Frau in ihre letzte Krankheit fiel, betete er wieder fleißig in der Kapelle. Als er in die Küche um seine Suppe kam und wieder gefragt wurde, fügte er seinem „Vergelts Gott“ nur bei: „Wie’s unser Herrgott will!“ Am vierten Tag darauf starb die Frau Koch.
Auf dem Bilde in der Klause steht, daß Wolferl 1694 geboren wurde und 1746 gestorben ist. Er liegt auf dem alten Friedhof neben der Kirche begraben. Sein Leichnam soll unverwest sein.

*268. Auf der Höhe des Dürnlehnerberges bei Waldhausen bilden Granitblöcke die Lippenhöhle. Hier lebte ein frommer Einsiedler namens Lipp. Früher sah man in der Höhle einen von Abnützung geglätteten Stein, das Ruhebett des Einsiedler.

269. In den Bergen bei Schönau und Zell bei Zellhof lebten Einsiedler, die sich von Wurzeln und Kräutern nährten, und alle geheimen Heilkräuter kannten. Zu solch einem Einsiedler ging einst ein Knabe. Er mußte beten und fromme Andacht üben. Dann führte ihn der Einsiedler auf eine Wiese und zeigte ihm alle Heilkräuter. Dort wachsen sie, man muß sie nur kennen.

270. Ein armes Weiblein bat einen Fleischhauer, ihr für ein „Vergelts Gott“ ein Stückerl Fleisch zu geben. Der wies sie ab und verspottete sie. Schließlich erklärte er sich lachend bereit, so viel Fleisch herabzuschneiden, als ein Vergeltsgott wiege. Das Weiblein schrieb auf einen Zettel das Wort Vergelts Gott und legte ihn in die eine Wagschale. Der Fleischer warf in die andere ein kleines Stücklein Fleisch. Zu seinem Erstaunen schnellte aber die Wage empor. Erst als er ein großes Stück Fleisch nahm, kam die Wagschale zum Sinken. Das Weiblein bekam das Fleisch, der Fleischhauer aber merkte sich die Lehre.

271. Am Saum der Dürnbergerwiese, an der der Weg zum Laudachsee vorüberkommt, steht ein Holzmarterl, das auf folgende Weise entstand: Ein Jäger fand hier einen Kreuzer und legte selbst einige dazu, um zu sehen, was damit geschehe. Holzknechte und Förster sahen das Geld und legten selbst immer ein paar Münzen hinzu. Schließlich nahm ein Holzknecht das Geld und ließ das Marterl machen. Der Mann aber, der es herstellte, nahm das verdiente Geld und schenkte es einem armen Weiblein.