6. Zauberkunst frommer Menschen

*380. Nach altem Glauben haben mache Geistliche auf rechtem Wege die Macht erlangt, Schauer abzuwehren. Solch ein „schauerhafter“ Pfarrer war einmal in Schardenberg. Er konnte es sogar regnen lassen, freilich nur ganz kurze Zeit.

*381. Dem Pfarrer Kogler sagte der Teufel einmal, er werde ihm Martin Luther zeigen, so wie er in der Hölle sei. Drei Tage und Nächte fastete der Geistliche. Zu der vom Teufel festgesetzten Zeit lud er einige beherzte Männer zu sich auf sein Zimmer. Unter unheimlichen Gepolter meldete sich der Teufel, klopfte an die Tür und fragte, ob er herein dürfe. Aber erst auf das dritte Ja sprang die Tür von selbst auf, der Teufel führte Luther an einer glühenden Kette herein. Der Anblick war so furchtbar, daß die Männer vor Schrecken zusammensanken. Als sie wieder zu sich kamen, war die Erscheinung verschwunden, aber den ganzen Pfarrhof durchzog ein entsetzlicher Schwefelgestank. Pfarrer Kogler mußte infolgedessen immer wieder spucken, es wurde ihm zur Gewohnheit.
Eine Frau in Putzleinsdorf, hat die Geschichte von einem der Männer gehört, die selbst dabei waren.
Auch der Pfarrer von Atzbach ließ einmal Luther vor Protestanten, die ihn dazu gezwungen hatten, erscheinen.

*382. Im bayrischen Grenzort Wegscheid gab es Sonntags bei den Freitänzen oft Raufereien zwischen Bayern und Oberösterreichern. Der damalige Pfarrer Köchl predigte scharf dagegen, aber es half nicht. Als wieder einmal beim Krebswirt ein Freitanz angesagt war, sagte der Pfarrer zu Mittag zu einem seiner vier Kapläne: „Gehe zum Krebswirt hinab und sage den Leuten, den ersten, der auf den Tanzboden kommt, holt auf der Stelle der Teufel!“ Der Kaplan wollte nicht, mußte aber schließlich doch den Auftrag ausrichten. Die Burschen lachten ihn aus, riefen nach den Spielleuten und sprangen auf den Tanzboden los. Der Kaplan war noch nicht bis zum Pfarrhof zurückgekommen, da brach der Tanzboden durch; die einen fielen sich zu tot, die anderen brachen Hände und Füße.

*383. Ein gottesfürchtiger Bauer am Heinrichshof in Mauthausen lag im tiefen Winter krank im Bett. Er wollte Kirschen und befahl seinem Knecht, vom Kirschbaum beim nahen Heinrichsbrunnen Kirschen zu holen. Der Knecht meinte, der Bauer phantasiere. Der aber bestand auf seinem Willen. Der Knecht solle nur beim Baum andächtig beten. Der Knecht tat es und als er aufsah, war der Baum voll Kirschen. Nur einige brachte er seinem Herrn. als er aber wiederkam, um für sich selbst Kirschen zu holen, war der Baum wieder kahl und leer.

384. Ein besonderes Können haben auch die Neusonntagskinder, sie verstehen das Anbinden von Personen und Fuhrwerken. Weiß aber der Fuhrmann, welche Speiche im Rade der Wagner zuerst angefertigt hat, so braucht er sie nur abzuschlagen und hat den Bann gelöst, freilich ist damit auch der Fuß des Anbinders abgeschlagen.
Neusonntagskinder können durch eine Reiter einen Dieb entdecken.

356. Ein Bauer, der ein Schwarzbuch besaß, sagte zu zwei Männern, die seine Kunst sehen wollten: „Ich werde in meinem Buch lesen, dann wird es krachen und blitzen und der Teufel kommt. Ihr müßt hinausgehen, draußen steht ein Sack voll Geld.“ Die Männer waren einverstanden. Als der Bauer las, krachte und blitzte es. Die beiden Männer trauten sich aber nicht hinaus. Der Bauer las die Beschwörungsformel wieder zurück und der Teufel verschwand.

*357. Ein Futterschneider in Taiskirchen las in einem Zauberbuch. Da erschien der Teufel als Jäger, verschwand aber wieder. Als ihn der Unselige aber nochmals beschwor, erschien der Teufel in seiner eigentlichen Gestalt und entführte ihn durch die Lüfte. Bei einer uralten Eiche ließ er ihn fallen. Der Futterabschneider kam mit dem Leben davon, machte eine Wallfahrt, brachte ein Liebfrauenbild heim und hängte es an die Eiche, wo er niedergestürzt war.

358. Einmal gingen zwei Männer durch den Haiderwald bei Königswiesen; der eine prahlte, den Teufel herbringen zu können. Als der andere meinte: „Auf deinen Teufel bin ich schon recht neugierig!“, nahm er ein Büchel und las darin, es wurde finster und stürmisch, so daß der ungläubige Freund genug hatte und bat aufzuhören. Wie nun der Mann das Buch zurücklas, legte sich der Sturm. Vor sich aber sahen sie am Weg den Teufel, erst beim Scheiberkreuzstöckel verschwand er.

359. Zwei Burschen gingen durch einen großen Wald bei Königswiesen. Der eine sagte: „Ich kann eine schwarze Katze vor uns herzaubern.“ Weil es der andere nicht glauben konnte, nahm er ein Zauberbuch aus der Tasche und las einen Spruch daraus. Im Augenblick lief vor ihnen eine schwarze Katze und verschwand erst, als sie über die Dachtraufe ihres Hauses kamen.

360. In einer Mühle bei Traunkirchen kam der Mühljunge über ein altes Zauberbuch und las eifrig darinnen. Als er fertig war stand der Teufel vor ihm und wartete, bis er das Buch zurückgelesen hätte. Das konnte der Bursche nicht, der Müller kam hinzu und erlöste ihn; er las so schnell zurück, daß der Teufel blitzschnell durchs Fenster fuhr und sogar am Fenstergitter mit seinen „Krebeln“ hängen blieb.

361. In Mühlbach war in einem Bauernhaus am Silvesterabend der Stallbua allein daheim und las Teufelsgeschichten. Da kam ein kleiner Teufel nach dem anderen herbei, und als die Leute von der Kirche zurückkamen, war das ganze Haus voll. Der Junge konnte nicht zurücklesen, erst der Bauer brachte es mühsam zusammen, die Teufel wurden immer weniger und als er bei der Stelle war, wo der Junge zu lesen begonnen hatte, waren sie ganz verschwunden.

362. Ein Wagner in Kreuzen hatte ein Zauberbuch, vergaß es aber zu verstecken, als er in die Mette ging. Sein kleiner Bub, der allein zu Hause blieb, kam darüber und las. Die Stube füllte sich mit Teufeln. Der Wagner kam gerade noch rechtzeitig heim, um sie abzudanken.

363. Einem Innviertler Bauern, der Zauberbücher hatte, kamen die Kinder über eines davon, ein Mädchen las darin. Eine Krähe flog zum Fenster herein und ihr folgten mehr und mehr, bis die Stube voll war. Der Vater kam noch rechtzeitig herein und las den Zauberspruch zurück, worauf eine Krähe nach der anderen wieder hinausflog. Der Bauer gelobte aber, keine Hexerei mehr zu treiben und verbrannte alle seine Zauberbücher.

*364. Auch einer Frau, die gerade in St. Pantaleon in der Kirche war, kamen die Kinder über das Kolomanibuch, lasen darinnen und bekamen die Stube voll von Krähen; die Frau befiel die Angst, die Kinder könnten zu dem Buch kommen, lief heim, trug den Krähen auf, auf dem Feld den Mist mit den Schnäbeln auszubreiten. Währenddessen las sie das Buch zurück und wurde zum Glück früher fertig als die Krähen.

*365. Der Binder in der Hochalm bei Taiskirchen hatte vor Zeiten einen Kolomanisegen. Einmal erwischten ihn die Kinder und lasen ihn. Als der Vater heimkam, war die Stube voll Raben. Als er sogleich von der Stelle an, soweit die Kinder gekommen waren, den Segen zurücklas, verschwanden sie wieder.

*366. Ein Knecht blieb in der Rotmühle bei Schwarzenberg in der Mettennacht daheim und kam über ein Schwarzbuch; er las und las und merkte gar nicht, wie sich die Stube mit Raben füllte. Den Müller packte in der Kirche eine große Unruhe, er eilte heim und kam noch zur rechten Zeit. Schnell schüttete er den Raben ein Maßl Brein hin, begann zurückzulesen und blieb zum Glück nicht stecken. Ein Rabe nach dem anderen verschwand. Wegziehend sagte der letzte Rabe zum Müller: „Du bist mir zuvorgekommen, sonst hätte ich ihm den Hals umgedreht.“

*367. In der Moosbacher Mühle las der Müllerbursche, der in der Mettennacht gamen mußte, in einem alten Buch, das er am Gesims fand. Plötzlich sprang die Tür auf, ein Rudel Schweine kam grunzend und heulend in die Stube. Der Bursche wußte sich nicht zu helfen. Der Müller in der Kirche hatte aber eine innere Unruhe, er verließ die Kirche vor Beendigung des Gottesdienstes und eilte heim. Als er sah, was los war, schrie er dem Burschen schon von weitem zu: „Lies alles, was du gelesen hast, Wort für Wort zurück!“ Der Junge tat es, die Schweine zogen sich ins Vorhaus und dann ins Freie zurück und waren verschwunden.

*368. Ein Innviertler Bauer hatte ein Schwarzbuch. Einmal kam sein Sohn darüber, er las und las. Da erschien der Teufel und warf einen Sack mit Geld auf den Tisch. Der Bursche wußte aber nicht, wie er den Teufel abdanken solle. Die Stube füllte sich mit Raben, die ihm zusetzten. Zum Glück kam der Vater dazu, schüttete einen Vierling Brein auf den Boden und befahl dem Teufel, den Brein Korn für Korn einzuklauben. Währenddessen las er die Formel Silbe für Silbe, Buchstabe für Buchstabe zurück und wurde früher fertig als der Teufel. Die bösen Geister verschwanden. Der Bauer warf aber das Zauberbuch in das Feuer.
Nach einer anderen Fassung füllte sich die Stube, als der Knabe las, mit Teufeln und die mußten dann den Brein zusammenklauben.

369. Der Marxbauer in der Gegend von Lochen war ein gesuchter Anbraucher. An einem Sonntag Nachmittag kam der Kropf Michl über ein Zauberbuch und las den lateinischen Text, ohne ihn zu verstehen. Die verschlossene Stube füllte sich mit kohlschwarzen Ferkeln, so daß die anwesenden Leute erschreckt auf Tisch und Bänke stiegen. Der Marxbauer, der eben in der Kirche war, bekam aber eine Ahnung, rannte heim und dankte durch Rückwärtslesen die Ferkel ab.

370. Der Leitner in der Leiten bei Schenkenfelden war von Beruf Maler und malte Blumen und Sprüche auf Kästen, Betten und Truhen der Bauern. Er besaß ein Beschwörungsbuch. Während Leitner und alle andern einmal in der Kirche waren, las sein Kind darin. Den Leitner trieb es aber heim, wie wenn es ein Unglück gäbe. Im Vorhaus kamen ihm kleine Mandl entgegen, als er die Stubentür aufstieß, war die Stube voll von den unheimlichen Gestalten. Das Kind war aber so ins Lesen vertieft, daß es die Mandl gar nicht bemerkte. Der Vater mischte Mohn mit Grieß durcheinander und warf ihn den Mandln zum Ausklauben vor. Währenddessen las er das Buch zurück. Er war so schnell fertig wie die Mandl. Wären sie ihm zuvorgekommen, hätten sie das Kind zerrissen.

371. Auch einem Bauern in St. Konrad fiel in der Kirche ein, daß sein Zauberbuch daheim offen lag. Voll Angst lief er heim, die Kinder saßen beim Zauberbuch, die Stube war voll kleiner Teufel. Er schüttete den Teufeln Grießkörner zum Auflesen auf den Boden und las im Buch inzwischen soweit zurück, als die Kinder vorwärts gelesen hatten. Als die Teufel fertig waren, war es auch er. Sonst hätte der Teufel ihn und die Kinder geholt.

372. In Altenberg zwischen Abtsdorf und Nußdorf war der berüchtigte Teufelsbündler Kletzlmüller daheim. In einer stürmischen Mettennacht ließ er den Mühlknecht daheim zum Gamen, befahl ihm aber strenge, nicht in Truhen und Kästen herumzusuchen. Denn er hatte Zauberbücher. Es war ihm aber so ungut, daß er auf halbem Wege umkehrte. Daheim traf er den Knecht, dem der Angstschweiß auf der Stirne stand, bei einem Zauberbuch. Die Stube war voll wilder, grunzender Schweine. Der Müller warf ihnen Linsen vor und las bebend das vom Knecht gelesene Stück, so schnell er konnte, zurück. Als er eben fertig war, hatten auch die Säue die Linsen aufgezehrt und waren verschwunden. Wäre er nicht rechtzeitig fertig geworden, so wären er und der Knecht von den Schweinen bei lebendigem Leib aufgefressen worden.
Von der Holzmühle bei Rohrbach geht dieselbe Sage, dort füllte sich die Stube mit glänzend schwarzen Raben.

373. Der alte Kletzenmüller in Abtsdorf konnte mehr als andere Leute. Er hatte ein Zauberbuch, damit konnte er Gestohlenes wieder zurückbringen. Der Mühljunge wollte die Kunst seines Herrn nachmachen. In der Mettennacht blieb er daheim und las in dem Zauberbuch. Der Kletzlmüller wurde in der Kirche seltsam unruhig und lief heim. Er traf die Stube voll schwarzer Enten, der Mühljunge saß mit dem Zauberbuch verzweifelt auf dem Tisch. Neben der Tür stand ein Sack mit einem Viertel Kleesamen. Den schüttete der Kletzlmüller auf den Boden, entriß dem Burschen das Zauberbuch und las zurück. Er war zum Glück früher fertig als die Enten mit dem Auspicken des Samens.

*374. In einem Bauernhaus in Lasberg kamen die Kinder, die während der Kirchenzeit daheim gamen mußten, über ein Zauberbuch. Je länger sie drinnen lasen, desto mehr Raben füllten die Stube. Erst als sie aus dem Buche aufschauten, merkten sie es und schrieen vor Schreck laut auf. Ein vorübergehender Bauer wurde dadurch in die Stube gelockt, sogleich begann er das Buch zurückzulesen und gab den Teufeln, denn es waren die Raben, drei Aufgaben: Sie mußten einen Sack voll Linsen, den er auf den Misthaufen geschüttet hatte, wieder auflesen, die Federn aus einer im Hofe zerschnittenen Tuchent wieder zusammenbringen und die Lasberger Straße in guten Stand bringen. Zum Glück war er mit dem
Zurücklesen früher fertig als die Teufel mit ihren Aufgaben, sonst wäre es ihm und den Kindern an Leib und Leben gegangen.

375. Ein Bauer in Hagenberg besaß ein Zauberbuch, das er niemanden sehen ließ. Einmal aber lud er die Nachbarn zu sich und, als sie beim Tisch saßen, las er in dem Buch, da konnte sich keiner rühren. Voll Schreck über diese Wirkung rief er seine Knechte; als sie kamen, hatte er jedoch seine Furcht schon überwunden und es gelang ihm, den Bann zu lösen. Einmal fiel aber einem andern das Buch in die Hand, er bekam die Stube voll Teufel und Gespenster und brachte sie bis an sein Lebensende nicht mehr los.

376. Ein Bauer hatte vom Teufel ein Zauberbuch, in dem alle Teufelsbeschwörungen enthalten waren, er durfte es aber niemand verraten. In dem Buch las er gewöhnlich, wenn die anderen in der Messe waren. Einmal ging er aber selbst zur Kirche und vergaß das Buch einzusperren. Seine kleine Tochter, die schon lesen konnte, fand das Buch und las darin. Plötzlich hörte sie ein Gackern und sah auf. Hühner, Katzen, Mäuse und Nattern waren in der Stube und bedrohten das Kind. Die Mutter kam auf das Geschrei des Kindes herein, konnte aber nicht helfen. Zum Glück war dem Vater eingefallen, daß das Zauberbuch nicht verräumt war, er eilte heim und fragte das Töchterl gleich, wie weit es gelesen habe, da las er zurück und dankte so die Geister ab. Das Zauberbuch holte der Teufel im Geheimen und ließ sich nie mehr sehen.

377. Ein Bauer hatte ein Teufelsbüchel. Gegen seine Gewohnheit ließ er es einmal liegen, als er in die Kirche ging. Sein Sohn, der das Haus hütete, las darin. Eine Krähe um die andere flog in die Stube herein, so daß sie schon ganz voll war. Da mischte der Junge Korn und Hafer und streute die Mischung auf den Boden. Er befahl den Vögeln: „Jetzt klaubt mir das Getreide auseinander!“ Die Krähen taten es, er aber las das Zauberbuch zurück, bei jedem Wort flog eine Krähe hinaus. Wie die letzte fort war, kam der Vater zurück und rief: „Was hast du getan!“ Dann fiel er tot um.

*378. Die Müllerin in der Magerlmühle bei Haslach hatte ein Schwarzbuch. Einmal las sie darin, konnte aber nicht zurücklesen. Da versuchte der Teufel die ganze Mühle zu ertränken. Nur das inbrünstige Gebet der Hausleute verhinderte ihn daran.

379. Eine sterbende Bäuerin in Schönbach bei Trattenbach gab dem Beichtvater ihr Zauberbuch. Der junge Geistliche nahm es heim, um es zu verbrennen. Zuvor blätterte er darin und las die Formel, wie man Butter zaubert. Gleich darauf wurde er zu einem Kranken gerufen und kam bei der Magd vorbei, die Butter rührte. Unwillkürlich dachte er an die Worte des Zauberbuches. Als er abends heimkam, stand die Magd weinend beim Butterfaß und war mit dem Rühren immer noch nicht fertig. Er tröstete sie und ging auf sein Zimmer. Dort lag auf seinem Tisch ein großes Stück Butter. Sogleich brachte er es der Magd und berichtete dem Pfarrer den Vorfall. Das Zauberbuch wurde ungelesen verbrannt.