Schlägel und Dedenkirchen

Chatohus von Falkenstein, dessen Schloss auf einem Felsenvorsprung links des Rannabaches unterhalb Altenhof eine halbe Stunde von der Donau stand, war der Gründer von Maria Schlag (Slage).

Dieser, so erzählt die Sage, zog einmal in seinem eigentümlichen, wildreichen, sehr ausgedehnten Walde auf die Jagd. In der Hitze bei Verfolgung eines Wildes ereilte ihn die Nacht, und er konnte in der Wildnis den Heimweg nicht mehr finden; er rief mit voller Stimme, stieß in sein Jagdhorn, aber kein Laut von seinen Jagdgenossen ließ sich hören. Nach vergeblichem Mühen, einen Weg aus der Wildnis zu finden, wandte er sich mit bangem Herzen an die heilige Jungfrau Maria und versprach, wenn sie ihn nach seinem Schloss führen würde, ihr und ihrem göttlichen Sohn zu Ehren an der Stelle, wo er stehe, eine Kirche und ein Kloster zu bauen.

Die frühere Angst war sonach bei ihm verschwunden, es wurde ihm um das Herz leichter, und als er von dem langen Herumirren sehr ermüdet war, legte er sich, einen Holzschlägel unter dem Kopfe, auf das Moos und schlief ein. Im Schlafe erschien ihm Maria im helleuchtenden, weißen Gewande mit dem Jesukinde auf dem Arme und sagte: „Weil du mir das Gelöbnis u. gemacht hast, werde ich Dich in Dein Schloss zurückführen,“ worauf sie verschwand. Am anderen Tage kam er zu den Knechten, welche seine Gemahlin Elisabeth in großer Besorgnis um ihn zu suchen, ausgesendet hatte und

somit in sein Schloss heim. Hier erzählte er seiner freudig erregten Gemahlin die nächtliche Erscheinung und sein gemachtes Gelöbnis, welche ihn in seinem Vorhaben noch bestärkte.

Sofort ließ Falkenstein den Wald aushauen und ein Kloster samt Kirche – aber nur aus Holz – bauen, welches Maria Slage genannt wurde, weil daselbst schon früher Holzschläger Holz fällten, welche den von ihm als Kopfkissen gebrauchten Holzschlägel zurückgelassen hatten. Das Kloster wurde den grauen Brüdern (Cisterciensern) aus dem Kloster Langheim in der Bamberger Diözese – die Zeit unbekannt, jedenfalls vor 1204 – übergeben.

Nach der Sage hatten diese Brüder einen außerordentlich harten Stand, denn diese kleine Ansiedlung „Maria Slage“ war eine Tagesreise von allen Verkehrswegen entfernt, mitten in einer Wildnis, und das Klima sehr rauh; zu den Mühseligkeiten litten sie die härteste Entbehrung an Speise und der notwendigen Kleidung, und doch sollen sie 7 Jahre trotz aller Leiden und Entbehrungen ausgehalten haben und erst, als der Vorsteher und ein Bruder dem Hunger und der Kälte zum Opfer fielen, verließen die übrigen, ohne von ihrem Vorhaben etwas verlauten zu lassen, heimlich das armselige Kloster und die unwirtbare Gegend, und kehrten nach Bayern zurück, indem sie alle Sachen von einigem Werte mit sich nahmen.

Erst nach einer geraumen Zeit wurde man den Abzug derselben gewahr; das Kloster war leer, die Kirche im Inneren öde, weil von den abgezogenen Mönchen alles daraus weggenommen wurde.

Kloster und Kirche (Chirichen) verfielen mit der Zeit, und den Ort nannte man Ödenchirichen. Nach Verlauf vieler Jahre wurde die heutige Ortschaft Ödenkirchen auf der Stelle des früheren Klosters Maria Slag angelegt. (Die im Kloster Schlägl vorhandenen Schriften stellen aber in Abrede, dass Schlägel anfangs auf dem Platze stand, wo das heutige Ödenkirchen sich befindet.)

Als Falkenstein ungeachtet aller angewandten Mühe die grauen Brüder nicht mehr bewegen konnte, nach Schlag zurückzukehren, befolgte er endlich den ihm gegebenen Rat, das Kloster an einem anderen, schöneren Orte zu erbauen und so entstand am linken Ufer der großen Mühl die Kirche Maria Anger, welche in geringer Entfernung von dem Kloster und der Klosterkirche steht, und die ursprüngliche Kirche war. Das Kloster Schlägl, neu aufgerichtet, wurde den jetzigen Prämonstratensern eingehändigt.



aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
III. Legenden und fromme Sagen