Die feindlichen Brüder
In der Pfarre Ried bei Kremsmünster breitete sich auf einem sonnigen Hügel die Burg Rehberg aus, das Stammschloss der längst ausgestorbenen, edlen Rehberger. Ihr Geschlecht erlosch in den Tagen des unglücklichen Zwistes um Ladislaus Posthumus Krone und um seine Vormundschaft. Zwei Sprossen dieses Stammes waren übrig.
Der Erstgeborene sollte nach des Vaters letztem Willen das Gut erhalten, der Jüngere mit Geld entschädigt werden. Dieser aber erhob gleiche Ansprüche. Bitterer Hass und offene Fehde entzweite die Brüder. Die Feier des Sonntags führte sie einst in der Pfarrkirche zu Ried zusammen. Einander ansichtig zu werden und im Gotteshause, in der Heimat des Friedens, die Wehren gegen einander zu entblößen, war eins. Die versammelte Menge drängte sie von einander. Sie wanden sich durch bis hinter den Hochaltar. Dort fanden sie endlich Raum, gegen einander auszufallen und einer sank in des andern Schwert. Beide verbluteten an heiliger Stätte.
Die Kirche zu Ried blieb wegen dieses Brudermordes durch 30 Jahre unbesucht, entweiht und geschlossen, bis die eifrigen Bemühungen des Abtes Ulrich IV. von Kremsmünster vom Papst und vom Bischof in Passau Gehör fanden. So wurde die Kirche 1478 vom Bischof Ulrich von Passau wieder gesühnt und neu eingeweiht.
aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
V. Romantische Sagen (Sagen verschiedenen Inhaltes)