Der sagenreiche Richtberg (I.): Adam am Richtberg

Inmitten einer Waldwiese am Richtberge steht ein kleines uraltes Holzhäuschen, von welchem aus man eine herrliche Fernsicht genießt. In diesem Hause lebte der Sage nach vor Zeiten ein armer Mann, namens Adam, mit seinem getreuen Weibchen trotz des beschwerlichen Verdienstes – er war nämlich Holzknecht – und der kargen Löhnung fromm und zufrieden. Bald aber wuchs die Familie. Da trat Not ein, die mit jedem Jahr sich steigerte. Mit bitteren Sorgen sah Adam, dass das hohläugige Gespenst „Hunger“ seinen Wohnsitz in der Hütte aufschlug. Traurigen Herzens nahm er daher Abschied von den Seinen, um seinem Berufe nachzugehen. Da begegnete ihm ein Fremder, der ihm versprach, seiner Not ein Ende zu machen, wenn er ihm in den Schoß der Erde folge, um Schätze zu heben. Adam zog seine kluge Frau zurate. Diese aber erkannte sogleich die Versuchung des Bösen und riet ernstlich ab. Sie tröstete den Mann und gewann ihm das Gottesvertrauen wieder. Er kehrte zu dem Fremden zurück. Kaum hatte er diesem im Namen Jesu seine frommen Entschließungen mitgeteilt, so entfloh der Verführer. Bald besserte sich die Lage des armen Adam. Seine Kinder wuchsen heran, halfen den Eltern überall nach, der Verdienst wuchs, die Not hatte ein Ende. Jung und Alt aber schätzte den redlichen Adam. An der Stelle, wo der Teufel erschienen war, hatte Adam ein Gnadenbild errichtet. Jetzt noch findet sich auf einer kleinen Waldblöße ein gebrechliches, moosbedecktes Kreuz, welches das Denkmal des festen Glaubens unseres Adam vom Richtberge sein soll.



aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
V. Romantische Sagen (Sagen verschiedenen Inhaltes)