Der heilige Brunnen bei Gmunden

Unweit Gmunden befindet sich die Kapelle zum heiligen Brunnen in freundlicher Lage und Umgebung. Die Sage erzählt, dass einst das edle Geschlecht der Mühlwanger Eigenthümer dieser Quelle war. Zwischen demselben und anderen, welche das Mitbenützungsrecht der Quelle hatten, entstand einst ein Streit. Zur gütlichen Ausgleichung desselben wurde eine Zusammenkunft bei der Quelle in Vorschlag gebracht. Beide Teile kamen zusammen, aber anstatt sich auszugleichen, erhitzten sich die Gemüter immer mehr. Die Versammelten kamen in die größte Aufregung, so dass es schließlich zu Tätlichkeiten kam, und Blut floss, von dem das klare Wasser gerötet wurde. Von diesem Augenblicke an versiegte die Quelle.

Entsetzen ergriff nicht nur die Streitenden, sondern auch die ganze Stadt, welcher die Quelle das nötige Wasser geliefert hatte. Von Tag zu Tag hoffte man auf die Wiederkehr des Wassers, aber vergeblich. Als die Bedrängnis der Bewohner der Stadt aufs höchste gestiegen war, beschloss man in feierlicher Prozession dahin zu ziehen, um durch Andacht zu sühnen, was die frevelnden Hände verschuldet. Unter dem Geläute der Glocken zog Alles hinaus und betete inbrünstig. Und als der Priester die Menge segnete, da vernahm man ein leises Rauschen, und plötzlich sprudelte die erflehte Quelle wieder hervor.

Zum Danke für diese Gnade Gottes wurde die Kapelle daselbst erbaut.



aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
III. Legenden und fromme Sagen