Das goldene Gatterl (Gitter)

Das Salzkammergut war einst sehr reich an Gold. Der reichste Teil, die Kahralpe, soll so viel Gold enthalten haben, dass es offen umher lag, ohne aber von den Bewohnern erkannt und gewürdigt zu werden. Die Wällischen waren es, die diese Schätze holten. Ein solcher kam einst zu einem armen Holzknechte, der mit einer zahlreichen Familie ein kleines Häuschen auf der „Scherhaufen-Wiese“ bewohnte. Der Fremde fragte den Armen um Weg und Steg und nahm ihn zuletzt zum Führer gegen guten Lohn. Nächsten Tages ging es vorbei an Abgründen und Schluchten zur Spitze der Griesalpe, auf welcher sich eine unergründlich tiefe Höhle befindet. Dort musste der Knecht einen Eid schwören, niemals den Platz zu verraten. Dann ließ sich der Fremde in die Tiefe nieder und brachte bald einen Sack voll Gold ans Tageslicht; von welchem er dem Knecht einen Teil gab. Täglich geschah nun dasselbe bis zum Herbst. Da zog der Wällische in seine Heimat mit all seinem Fund. Nächstes Jahr kam er wieder. Bei diesem Geschäft wurde der Knecht immer wohlhabender; leider aber auch habsüchtig; er wollte selbst Gold graben. Oft hatte er es dem Wällischen gesagt; dieser aber ließ ihn nie in die Grube, bis der Holzknecht zuletzt dem Fremden drohte, ihn zu ermorden. Da ließ ihn derselbe in den Abgrund steigen, schleuderte aber den Strick nach; der Unersättliche war bei den Schätzen gefangen. Dieser hatte zum Glück einen großen Sack voll Lebensmittel; so arbeitete er ohne Werkzeug sich vom Mitteraurachgebirge durch den Rabenstein, wo er bei Hochstein wieder das Tageslicht erblickte. Wohl hatte er alle Säcke voll Gold; aber sein Gehirn umschattete die Nacht des Wahnsinns, und seine Hände waren weggearbeitet bis zu den Armgelenken. So kam er zurück in sein Häuschen, reich und doch so arm. Den staunenden Nachbarn erzählte er, dass sich in der Tiefe der Höhle ein goldenes „Gatterl“ befinde, vor demselben ein Tisch stehe, worauf Hammer und Schlägel liegen; dass derjenige, welcher hinabsteige und das Gatterl öffne, in eine Kammer komme, die voll gediegenen Goldes sei.

Bisher wagte es aber noch niemand in die Tiefe zu steigen; des Zurückgekehrten Aussehen schreckte selbst den Verwegensten.



aus "Oberösterreichische Volks – Sagen"
gesammelt von Kajetan Alois Gloning
I. Elementar-Sagen