5. Wassergeister

1. Vom Donaufürsten, von Meerfräulein und Wassermandln

*1. Ein Fischer lebte an der Donau, seine Tochter führte ihm das bescheidene Hauswesen. Als er eines Tages heimkehrte, fand er eine Menge Leute vor seiner Hütte und erfuhr zu seinem Schrecken, daß ihm der Donaufürst die Tochter geraubt. Der Fischer wußte, daß dieser sich in Mondnächten Menschen zeige, die nichts Geweihtes am Leib haben. Er fuhr in einer mondhellen, aber stürmischen Nacht in die Mitte des Stromes. Und richtig tauchte der Donaufürst vor ihm auf mit blauem Bart, im roten Mantel, auf dem Kopfe eine dreieckige Muschelkrone. Er fragte den Fischer, was er wünsche. So fragt er jeden, der ihm begegnet, um ihn dann in die Tiefe zu stürzen, wo sich der Wunsch erfüllen werde. Der Fischer gab keine Antwort, als sich aber der Wassergeist näherte, nahm er sein Ruder, um das ein Rosenkranz gewunden war, und schlug es dem Donaufürsten auf das Haupt, daß vier große Steine im weiten Bogen ans Ufer flogen. Durch den Rosenkranz war der Fischer vor dem Donaufürsten sicher. Seither muß dieser auf dem Lande nach den Stücken seiner Krone suchen. Andere erzählen, er sei längst wieder in das Wasser zurückgekehrt. Weil der Donaufürst vier Steine verloren hat, darf jeder Mensch, der ertrunken ist, in seinem Palast 4 Tage weilen, dann bindet die Fischerstochter, die im Palast wohnt und von den Nixen bedient wird, einen Blumenstrauß und sendet ihn an die Oberfläche des Stromes. An dem Strauß erkennen die Leute, daß wieder ein Mensch ertrunken ist.

*2. Oberhalb Freyenstein lebte einst ein Fischer an der Donau, dessen Trachten danach ging, den Donaufürsten aus dem Wasser emporzulocken, ihn zu fangen und nur gegen ein Lösegeld freizulassen. Wirklich lockte er den Wassergeist durch Steinwürfe aus dem Wasser. Der Wasserfürst warnte ihn, seine Rache herauszufordern und wollte zurück in sein Reich. In diesem Augenblick entriß ihm der Fischer die Krone und entsprang. Der Wassergeist konnte ihm mit seinen kleinen Beinen nicht rasch genug folgen und mußte den Räuber entrinnen lassen. Weil er aber ohne Krone nicht ins Wasser zurück darf, suchte er sich in einer Uferhöhle ein einsames Heim. Aus der Tiefe des Stromes klingen aber in der Nacht die Klagen der Wassergeister um ihren verlorenen Fürsten empor.

3. Bei schwerem Eisgang wollten einst drei Brüder nachts zu einer Hochzeit über die Donau. Als der Schiffer ihnen wegen der Gefahr die Überfahrt verweigerte, fuhren sie allein über. Schon glaubten sie sich in Sicherheit und begannen zu spotten, da tauchte der Donaufürst empor und verwandelte sie in drei Felsen. Sie sind gegenüber Obermühl heute noch zu sehen.

4. Die Nixen sind die weiblichen Wassergeister, sie sind menschenähnlich, haben aber statt der Füße einen Fischleib.

5. Die Meerfräulein leben im Meere, sie sind nur wie Kinder groß, aber wunderschön. Ihr volles Haar reicht ihnen bis zur Schulter, weil sie es stutzen. Sie tragen ein wunderbares Kleid, das mit edlen Steinen besetzt ist und haben auf dem Haupt ein graues Häubchen. Seeräuber fingen öfter solche Meerfräulein, diese flehten aber solange um Freiheit, bis sie ihnen wiedergeschenkt wurde. Auch Soldaten, die auf Schiffen waren, erzählten, daß sie öfter Meerfräulein gesehen hätten.

6. Wenn die heiße Sommerluft über den Ufern des Gleinkersees zittert, sonnen sich auf den Uferfelsen die Meerfräulein. Sie haben bis zur Hälfte einen Frauenkörper, endigen aber in einem Fischschwanz. Wenn sie emportauchen und lieblich singen, ist es das sicherste Zeichen, daß bald ein heftiges Gewitter über die Gegend hereinbricht.

7. Quer durch die Drachenwand dehnt sich bis zur Roitbauern-Lahn in St. Lorenz eine mächtige Höhle aus, das Nixloch. Hier behüten Nixen große Schätze. In einer Vollmondnacht kam ein junger Jäger an den nahen Eibensee, er sah, wie sich die Nixen im klaren Wasser badeten. Um Mitternacht huschten sie ans Ufer und verschwanden in der Höhle. Der Jäger folgte ihnen und drang tief in die Höhle ein, bis ihn der immer stärker herabrieselnde Sand zur Umkehr zwang. Aus der Tiefe der hell leuchtenden Höhle hörte er das Singen und Lachen der Wasserfrauen.

Ins Freie gekommen, schüttelte er den Sand von sich. Ein paar Sandkörner blieben aber im Gemsbart haften. Am nächsten Morgen waren sie lauter Gold. Vergeblich suchte er; den Felsspalt fand er aber trotz allen Suchens und aller Ortskenntnis nicht wieder.

*8. In der schweren Türkenzeit lebte beim Hößgang ein junger Schiffer, der die gefahrvolle Überfuhr nahe dem Strudel und Wirbel bediente. In einer bösen Sturmnacht klopfte es an der Haustür. Eine vornehme Frau wollte auf der Flucht vor den Türken mit ihren drei Kindern überfahren. Um sie zu retten, wagte er die Fahrt. Der Sturm aber löschte die Laterne, der Schiffer verlor die Richtung und war in größter Gefahr. Da rief eine Stimme vom anderen Ufer: „Hierher!“ Der Fährmann steuerte dem Schall nach und war bald bei der richtigen Landungsstelle. Die fremde Frau erwartete in der Überfuhrhütte den Morgen. Obwohl der Sturm noch zunahm, fuhr aber der Bursch selbst zurück, weil er bei der Türkengefahr um die Mutter in Sorge war. Bald verlor er jedoch die Führung über das Boot und wurde von den wilden Wogen hin und her geschleudert. Die Kraft verließ ihn, er ließ das Ruder sinken. Plötzlich stand eine hohe Frauengestalt im Boot, von der ein Leuchten ausging. Während er auf sie starrte, lenkte sie das Fahrzeug sicher zum Ufer, verschwand aber, ehe er ihr danken konnte, geräuschlos in den Wellen. Es war die Donaunixe gewesen. Einst hatte er bezechte Burschen, die bei der Überfahrt über die Nixe spotteten, zurecht gewiesen, seine Rettung war der Dank der Nixe.

9. Bei Vichtenstein geht der Dullbach in die Donau. In ihm haust das Dullweibl, das die kleinen Kinder bringt. Es kann recht bös sein. Einmal ging ein Taglöhner um Mitternacht heim und sah die Wasserfrau waschen, er fragte sie, ob sie wasche. Sie aber erwiderte: „Ich würde dich schon waschen, wenn du nicht Brotbrösel auf deinem Hut hättest.“ Da lief der Mann so schnell er konnte heim. Wirklich hatte er Brösel auf seinem Hut.

10. Zwischen dem Froschbauern- und Pühringerhaus in Naarn befand sich früher die Froschlacke. Vor ein paar hundert Jahren zeigte sich hier ein Wasserweib, das Feldweib, sie war groß und stark, behaart und eine „wilde Geisterin“. Beim Gebetläuten war sie abends den ganzen Mai über um die Froschlacke sichtbar. Sieben Knechte und von der anderen Seite sieben Mägde wollten ihr einmal den Weg abschneiden, sie ging aber unsichtbar zwischen ihnen hindurch. Da hatten sie genug.

Andere erzählen, daß das Weib in einem hohlen Baum beim heutigen Pühringerhause wohnte.

*11. Das Donauweibl erscheint als liebes Mädchen mit langem, prächtigem Haar, Haupt und Kleid mit Blumen geschmückt. Manchmal warnt sie Schiffer und Fischer vor Sturm und Wetter. Bei Hochwasser zeigt sie den Schiffen die Fahrtrichtung, bei Nebel setzt sie sich aufs Schiffskranzel und treibt den Nebel zurück. Ihr zauberhafter Gesang, dessen Sinn niemand versteht, ergreift die Menschen wundervoll. Darüber vergessen die Schiffer das Steuern, scheitern und ertrinken. Das Donauweib ist bald gut, bald tückisch. Spielende Kinder lockt sie an sich und zieht sie in die Tiefe. Manchmal kommt sie als Magd zu den Bauern, kann aber nicht bleiben, wenn gebetet wird oder wenn man sie nach ihrer Herkunft fragt. Sie verschenkt Kieselsteine, kleine Fische, Schilf und dergleichen. Wer sich aber auskennt, bewahrt diese Gegenstände sorgfältig, am nächsten Tag sind sie reines Gold.

12. In den Donauauen an der Naarn wohnten Wassermandl und auch Nixen. An schönen Tagen saßen sie im Schilf, kämmten sich ihr Haar und sangen wunderschöne Lieder. Leute, die sie hörten, schwammen möglichst nahe herzu, wurden aber von den Nixen in ihre kristallenen Schlösser unter das Wasser gezogen. Man kann die Nixen mit einer geweihten Kugel vertreiben. Mit einer solchen schoß einmal ein junger Jäger nach ihnen. Das Wasser schäumte wild auf und zog den Burschen in die Tiefe. Seither sind auch die Nixen verschwunden.

Im Fleischbauerntümpel hausen die Nixen noch. Sind in der Nacht viele Lichter zu sehen, dann führen die Nixen ihre Tänze auf.

13. In der einstigen Froschlacke zu Naarn badeten sich öfter die Wassergeister. Sie übergossen vorübergehende Leute mit Wasser. Manchmal verbreiteten sie eine so große Finsternis, daß man nicht einmal die Straße sah und sich nicht zurecht fand.

 

14. Auch in der Aist und in der Donau sind Wassermandl. Sie sehen wie Fische aus. Oft springen sie hoch aus dem Wasser in die Luft, dann kommt Regen. In den Sümpfen hausen Geister, sie sollen aus dem Dunst entstanden sein.

15. In nebligen Herbstnächten verwandeln sich die Wassergeister in Irrlichter und führen die Menschen ins Verderben.

16. Im Herbste kann man im Fuchsenbauernschilf an der Naarn klagen hören. Ein Mensch ist dort von den Wassergeistern gefangen.

17. Das Wassermandl haust in Flüssen und Teichen in einem mit Fischaugen gepflasterten Palast. Es ist nackt oder hat grünes Gewand und Stiefel. An sonnigen Tagen sitzt es am Ufer und kämmt sich sein langes Haar. Alljährlich will es sein Opfer haben und zieht Badende oder Schwimmende in die Tiefe. Deshalb soll man, ehe man in das Wasser steigt, Brotbrösel hineinwerfen, um das Mandl zu beschwichtigen.

*18. Ein Mann wollte die Tiefe des Krotensees ergründen, da tauchte ein Mandl aus den Fluten und rief: „Ergründst du mich, verschlick ich dich!“ Voll Furcht entfloh der Mann, seither hielt man den See für unergründbar. Dasselbe gilt auch vom Traunsee.

19. Der Wassermann haust in den Wassern, so in der Auer Lacke an der Aistmündung. Er zieht die Kinder, welche dem Wasser zu nahe kommen, zu sich in die Tiefe. Daher schreckt man die kleinen Kinder, zu der Hauslacke zu gehen: „Geh net zun Wåssa, da Wåssamån kam aua und reißat di einö!“

20. Über dem Klafferbründl bei Grieskirchen schweben gute Geister. Sein Wasser wird von den Grieskirchnern gerne geholt.

21. Sigmund Vorauer, ein lustiger Pfeifer aus Haslach, der ob seines Leichtsinnes seinem Weib daheim viel Verdruß schuf, ging einmal zu einer Hochzeit nach St. Oswald, um dort aufzuspielen. Bei einem Kreuz am Kanalbach kam ein kleiner grüner Reiter auf ihn zu und lud ihn ein, mit ihm zu kommen, es werde sein Schaden nicht sein. Er führte ihn zur Mühl, das Wasser teilte sich und gab einen glitzernden grünen Steinsaal frei. Da war eine Gesellschaft von kleinen grünen Leuten zu einer Hochzeit versammelt, der Reiter war der Bräutigam. Der Spielmann spielte zum Tanz, er wußte selbst nicht wie lange. Als die Gäste fortzogen und er auf seinen Lohn wartete, flüsterte ihm die Braut ins Ohr, er solle sich das wünschen, was im Winkel unter dem Kehricht liege. Es waren aber nur 3 Pfennige, die der Pfeifer unwillig zu sich nahm, kaum auf die Worte des Bräutigams achtend, jeder Pfennig könne einen Wunsch erfüllen. Mit einem Mal stand er wieder am Ufer der Mühl und wanderte heim. Sein Weib empfing ihn mit Vorwürfen, denn er war 8 Tage ausgewesen. Ein Wort gab das andere, zornig nahm der Pfeifer einen der 3 Pfennige aus dem Beutel und rief: Wenn wirklich jeder Pfennig einen Wunsch erfüllt, so wünsch ich dir, daß dich der Leibhaftige auf des Teufels Tanzboden am Eckartsberg führt!“ Plötzlich erhob sich ein furchtbarer Sturm, riß die Fenster auf und nahm die Frau mit sich. Mit Bestürzung und Entsetzen nahm der Pfeifer den zweiten Pfennig und wünscht sein Weib zurück, das alsbald zitternd neben ihm stand, während der Sturm aufhörte. Die Nachbarn aber mieden nun das Pfeiferpaar und meinten, es ginge bei ihnen nicht mit rechten Dingen zu. Der Pfeifer ging in sich und beschloß in die Fremde zu ziehen. Zuvor aber nahm er den 3. Pfennig und warf ihn voll Grauen von sich. Sein Weib aber hob ihn auf und legte ihn in seinen Geldbeutel, da ließ er es geschehen. Er zog nun in die Ferne, kam weit herum und wurde ein braver Mensch. Voll Sehnsucht, zu Heimat und Frau zurückzukommen, fuhr er eben über das Meer. Ein furchtbarer Sturm brach los und kein Schiffer wußte Rat. Ein Graf, der auch Schiffsgast war, versprach dem, der sie rette, eine ansehnliche Summe Goldes, niemand aber fand sich. In der höchsten Not dachte der Pfeifer an seinen Wunschpfennig, nahm ihn aus dem Beutel und wünschte ruhige See. Der Sturm verflog, das Meer glättete sich. Nicht ohne heimliches Grauen gab der Graf dem stillen Spielmann das Gold. Glücklich kam der Spielmann heim und war wirklich ein anderer Mensch geworden. Auf Grund seiner vielen Erfahrungen gründete er einen umsichtigen Handel und gelangte, unterstützt von seinem treuen Weib, zu Wohlhabenheit und Ansehen. Er wurde Marktrichter und hielt auf Ruhe und Ordnung, ließ eine große, schöne Kirche erbauen und berief einen Geistlichen nach Haslach, so daß die Haslacher nicht mehr nach St. Oswald zur Messe mußten, aber auch für die Armen und Siechen sorgte er und erbaute ihnen ein Haus. Als er und seine Frau starben, weinten ihnen die Armen nach.

22. Die weise Frau in Hallstatt wurde einst von einem Mann geholt, um seiner Frau Beistand zu leisten. Er führte sie zum Seeufer und stieg mit ihr eine Stiege hinab in eine schöne Stadt. Dort waltete die Frau ihres Amtes und pflegte das Kind. Als alles gut vorüber war, durfte sich die Frau vom Schüsselrehm eine von den goldenen und silbernen Schüsseln mitnehmen. Der Mann führte sie den Weg wieder zurück bis zu ihrem Haus. Die Stiege in die Seestadt konnte die Frau aber später nicht mehr finden.