Der Prälatensteig

Die hoch aufgerichtete Wollsack-Formation der Gaißkirche
Auf der linken Seite des Pesenbaches, gegenüber der Einmündung des Prälatensteiges, überragt eine mächtige, hoch aufgerichtete Wollsack-Formation mit der Bezeichnung Gaißkirche die Talwand. (Foto: Elisabeth Schiffkorn)

Autor: Peter Bruckmüller

Dem Stift Wilhering gehört im Pesenbachtal ein großes Stück Wald. Dieser erstreckt sich vom Sechterberg den Steilhang hinunter zum Pesenbach.

Dereinst war das eine verlassene Gegend und es gab kaum Wege und Steige. Und überhaupt war die ganze Gegend des Pesenbachtales verrufen, gab es hier ja eine Goaßkirche und die Teufelsbottiche, in denen der Teufel sein Unwesen trieb.
Aber nicht nur er, sondern auch diebische Menschen waren in den Wäldern umtriebig. So mussten die Holzknechte des Stiftes immer wieder feststellen, dass im Stiftswald heimlich Holz geschlägert und abtransportiert worden war. Sie forschten eifrig nach den Tätern, doch konnten sie diese in der unwegsamen Gegend, die viele Versteckmöglichkeiten bot, nicht ausfindig machen.
So beschloss nun der Forstmeister, Verwalter und Jäger des Stiftes Wilhering, Prälat Koloman, selbst nach dem Rechten zu sehen.
Er ließ sich mit der Plätte vom Stift nach Landshaag bringen. Zwei seiner getreuen Waldarbeiter begleiteten ihn. Mühsam erklommen sie den Sechterberg. Auf der Anhöhe hörten sie schon verdächtige Geräusche, so als ob im Wald gesägt und gehackt würde. Die drei stürzten sich den weglosen Steilhang hinunter, zwängten sich durch enge Felsen, hielten inne, um zu lauschen und versuchten, die Ursache der Geräusche zu erkunden. Als sie schon fast das Tal erreicht hatten, mussten sie erkennen, dass die Hackentöne von der gegenüber liegenden Seite des Tales kamen, wo der Eidendorfer-Bauer Brennholz für den Winter einschlug.
Doch plötzlich sahen sie, dass ein großer Haufen Holz sorgfältig hinter einem Felsen versteckt war, abgedeckt mit Reisig und Sträuchern. In den nächsten Tagen machten sich die Holzknechte immer wieder auf den Weg, den Spuren folgend, die sie mit dem hochwürdigen Herrn Prälaten gegangen waren, um die feigen Diebe zu erwischen.
Die Diebe konnten nie ausfindig gemacht werden, aber der Weg wurde fortan immer wieder benützt und so ergab es sich, dass er den Namen Prälatensteig erhalten hat.

Peter Bruckmüller 2012

Zurück

Eine Sage aus dem Jahr 2012 von Konsulent Peter Bruckmüller, Feldkirchen.